2/3 der KMU fehlt Klimastrategie
Das zeigt das aktuelle EY-Mittelstandsbarometer „Nachhaltigkeit und Klima in Österreich“.
Nur jedes dritte mittelständische Unternehmen in Österreich verfügt aktuell über eine strukturierte Nachhaltigkeitsstrategie. Nach eigenen Angaben haben laut einer EY-Umfrage 33 Prozent eine schriftlich niedergelegte Nachhaltigkeits- und Klimastrategie. Immerhin gibt rund ein weiteres Drittel (30 %) an, eine derartige Strategie in den nächsten zwei Jahren erarbeiten zu wollen. 37 Prozent der befragten Unternehmen verfügen über keine Nachhaltigkeits- oder Klimastrategie und beabsichtigen auch nicht, innerhalb der kommenden zwei Jahre eine solche auszuarbeiten.
„Das kommt für uns zwar nicht überraschend, es zeigt aber, wie hoch der Handlungsbedarf bei vielen Betrieben noch ist. Es sind zahlreiche Gesetzesinitiativen in Planung, die auch den Mittelstand betreffen werden. Dazu zählt beispielsweise die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, für die schon in ein bis zwei Jahren ein verpflichtendes Nachhaltigkeitsreporting vorgesehen ist oder auch die EU Taxonomie, die eine verpflichtende Darstellung etwa der grünen Umsätze oder der grünen Investitionen vorsieht. Auf Unternehmen kommt hier in den nächsten Monaten viel Arbeit zu, abwarten ist in dieser Situation nicht ratsam“, so Georg Rogl, Leiter Climate Change and Sustainability Services bei EY und Co-Lead der Initiative EYCarbon.
Martin Unger, Leiter der Strategieberatung bei EY und von EYCarbon, ergänzt: „Es sind nicht nur die regulatorischen Vorgaben, die immer mehr werden. Auch Konsument:innen, der B2B-Markt, Kapitalgeber wie Banken und Investor:innen und nicht zuletzt Mitarbeitende und Jobsuchende haben steigende Erwartungen an Betriebe und fordern mehr Nachhaltigkeit. Es braucht definierte Ziele, klare Strategien und geeignete Maßnahmen.“
Das sind die Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, für die über 600 Verantwortliche von mittelständischen, nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen in Österreich befragt wurden.
Zwei von fünf Betrieben haben keinen Maßnahmenplan zur Erreichung der Klimaneutralität
Über ein Drittel (36 %) der befragten Mittelständler gibt an, entweder bereits klimaneutral zu sein oder aber dieses Ziel bereits vor 2040 zu erreichen. Weitere 14 Prozent der Unternehmen haben bereits einen entsprechenden Maßnahmenplan zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2040 erstellt. Zwölf Prozent der Unternehmen arbeiten nach eigenen Angaben zurzeit an einem konkreten Maßnahmenplan. Fast vier von zehn der befragten Unternehmen (38 %) verfügen über keinen derartigen Maßnahmenplan und beabsichtigen auch nicht, einen solchen zu erstellen.
Laut Unger wird in Zukunft aber jedes Unternehmen genau das brauchen: „Damit Österreich klimaneutral werden kann, ist ein Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik erforderlich. Sicherlich sind manche Maßnahmen nicht populär, an vielen Ecken und Enden wird auch an neuen Technologien gearbeitet. Aber: Nachhaltigkeit wird zu einem Paradigmenwechsel führen. Kein Unternehmen wird mehr an Nachhaltigkeit vorbeikommen. Jeder Betrieb wird seinen Beitrag zur Klimaneutralität leisten müssen.“
Nachhaltigkeit wird als Chance gesehen
Fast jedes zweite Unternehmen in Österreich (47 %) erkennt Chancen hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels auf das eigene Geschäftsmodell. Der Anteil der Unternehmen, die den Auswirkungen positiv gegenüberstehen, ist damit im zweiten Jahr in Folge gestiegen – 2020 lag er noch bei nur 26 Prozent, im vergangenen Jahr schon bei 33 Prozent. Auch der Anteil der Betriebe, die im Klimawandel ein Risiko für das eigene Geschäftsmodell erkennen, ist gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen: von 14 auf 18 Prozent, das ist aktuell fast jedes fünfte Unternehmen.
Überdurchschnittlich optimistisch eingestellt sind der Gesundheitssektor (55 %), gefolgt von Unternehmen aus Transport, Verkehr und Energie (52 %) sowie Finanzdienstleister (51 %). Etwas pessimistischer sehen es Unternehmen aus besonders emissionsintensiven Branchen wie etwa die Industrie (45 %), der Immobilien- und Bausektor (40 %) oder auch die Tourismusbranche (40 %).
„Das beobachten wir auch bei den Leitbetrieben und Großunternehmen in Österreich – Nachhaltigkeit wird von der Mehrheit der Führungskräfte als Chance gesehen. Das ist genau die richtige Einstellung, die neue Technologien und Innovationen ermöglichen werden. Und genau die werden wir brauchen, um nachhaltig und klimaneutral zu werden“, sagt Stefan Uher, Leiter Financial Accounting Advisory Services bei EY und Co-Lead von EYCarbon.
Bewusstseinsbildung bei Mitarbeitenden primäre Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel
Hinsichtlich der Maßnahmen, die von österreichischen Mittelständlern aktuell gegen den Klimawandel getroffen werden, gibt es keinen eindeutigen Favoriten. Mit 39 Prozent ist die Bewusstseinsbildung bei den Mitarbeitenden aktuell die populärste Maßnahme unter den heimischen Betrieben. Auf Platz zwei folgt die Ökologisierung des Fuhrparks (28 %), danach die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Investitionsentscheidungen (26 %). Fast ein Drittel (31 %) der Unternehmen gab an, aktuell gar keine Maßnahmen gegen den Klimawandel zu treffen.
„Welche Maßnahmen genau Sinn machen und zu einer tatsächlichen Steigerung der Nachhaltigkeit des Betriebs führen, ist höchst individuell und hängt von Faktoren wie Branche, Geschäftsmodell, Produktkomposition, Unternehmensgröße und Internationalisierungsgrad ab. Gar keine Maßnahmen zu setzen, wäre aber sicher die falsche Strategie. Dafür hat sich das gesamte Umfeld, das auf Unternehmen einwirkt, einfach zu stark geändert“, schätzt Unger die aktuelle Situation ein.
CO2-Besteuerung wurde vor dem Ukrainekrieg noch eher positiv aufgefasst
Noch vor dem Ukrainekrieg und dem damit einhergehenden Anstieg der Energiepreise bewerteten österreichische Unternehmen die geplante CO2-Besteuerung unterm Strich eher als Chance für den Wirtschaftsstandort Österreich als als Risiko. 42 Prozent der Mittelständler in Österreich gingen davon aus, dass die CO2-Besteuerung für den Wirtschaftsstandort Österreich eher eine Chance darstellt, nur 24 Prozent sahen darin eher ein Risiko. Den anfänglichen Preis von 30 Euro pro Tonne hielt fast die Hälfte (42 %) der Mittelständler in Österreich für angemessen. Fast jedes dritte Unternehmen (32 %) hielt ihn sogar für zu niedrig und würde im Schnitt 61 Euro pro Tonne bezahlen. Nur jedes vierte Unternehmen (26 %) bewertete den Preis im Dezember als zu hoch.„Die Rahmenbedingungen haben sich beim Thema Energiebepreisung in den letzten Wochen stark verändert. Aufgrund des Kriegs in der Ukraine sind die Energiepreise in allen europäischen Ländern stark gestiegen, das trifft natürlich auch die Wirtschaft enorm. Es ist daher schon fraglich, ob die Unternehmen in der aktuellen Situation nochmal die selbe Einschätzung geben würden“, so Uher.
EY im Überblick
EY ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter:innen an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2020/2021 einen Umsatz von 157 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt rund 300.000 Mitarbeiter:innen der internationalen EY-Organisation betreut EY Kund:innen überall auf der Welt.
EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung.
Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at