Berichterstattung: Ist Non-Financial das neue Financial?
Mitte November wurde die deutschsprachige Version der GRI Standards veröffentlicht, zusätzlich sind ab 2018 zahlreiche Unternehmen in Österreich von der NFI-Richtlinie betroffen und müssen sich zukünftig mehr Gedanken um ihre nicht-finanziellen Kennzahlen machen. Was das für Unternehmen bedeutet und wohin die Reise geht wurde beim GRI Standards Launch Events in der Raiffeisen Bank International diskutiert.
Angenommen, wir befinden uns gerade auf der Autobahn. Auf der Autobahn am Weg Richtung Berichterstattung der Zukunft. Auf welcher Spur befindet sich Österreich da gerade, ist es an der Zeit, einen Gang raufzuschalten oder liegen wir gut im Rennen?
Mit dieser Metapher startete Michaela Kegel von der KPMG ihren Vortrag zur Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung im letzten Jahr. Sie gab Einblick, wo wir im weltweiten Vergleich stehen und in welchen Bereichen Potenziale und Defizite zu finden sind. „Europa zählt leider nicht zu den Vorreitern, die Regionen Asien-Pazifik sowie Nord- und Südamerika haben klar die Nase vorn“ so Kegel.
Bleibt man bei dem Vergleich mit der Autobahn, könnte man sagen, Europa nutzt gerade 73 % seines Motors. Österreich reiht sich mit 62 % dahinter ein. Dies kann sich zukünftig ändern, da wir durch die EU-Direktive zu den nicht-finanziellen Kennzahlen aufs Gas steigen könnten. Kegel weiter „Die Straße der Berichterstattung ist zwar gut befahren, aber Angst vor einer Stauentwicklung müssen wir noch nicht haben.“ Die Quantität an Berichten ist demnach international bereits da, Österreich liegt hinten - wie sieht es aber mit den Inhalten und damit auch der Qualität der Berichterstattung aus?
Die KPMG verweist hier auf vier zentrale Themen, die uns zukünftig beschäftigen werden:
- Menschenrechte,
- die finanziellen Risiken des Klimawandels,
- konkrete Ziele zur CO2-Reduktion sowie die
- Einbindung der SDGs (Sustainable Development Goals).
Die Verantwortung, die Unternehmen tragen müssen, war auch Inhalt des anschließenden Vortrags von Karl Resel, denkstatt. Er gab den anwesenden ExpertInnen einen Einblick in die Entwicklung der Berichterstattung. In einer Zeitreise spannte er einen Bogen zwischen der Berichterstattung und parallel dazu verlaufenden sozialen Entwicklungen. Von den 80er Jahren und der damals beginnenden Umweltbewegung über die voranschreitende Internationalisierung von Unternehmen in den 90ern, die auch eine starke Formierung der NGOs mit sich brachte, bis zur Geburtsstunde der Berichterstattung im Millennium. „Im Laufe der Zeit gewannen Fragen rund um Umweltschutz und soziale Verantwortung an Bedeutung. Stakeholder begannen sich sukzessive für die Tätigkeiten von Unternehmen zu interessieren und involvierten sich zunehmend.“
Diese Entwicklung bedeutete einen regelrechten Boost für Nachhaltigkeitsberichte. „Unternehmen standen plötzlich vor der Herausforderung, Vertrauen schaffen zu müssen. Gleichzeitig entwickelten sich die Berichte von reinen Umweltberichten zu gesamtheitlichen Werken, die mehrere Perspektiven zusammenführen und deren Grad an Professionalität stetig steigt.“
Einen weiteren wichtigen Meilenstein auf dieser Reise brachte GRI (Global Reporting Initiative) mit der Veröffentlichung der G4 Richtlinien mit sich. „Ab da drehte es nicht mehr darum, alles zu berichten, sondern sich auf die wesentlichen Themen zu beziehen“, so Resel. An das Bild mit der Autobahn anschließend, bezeichnete Resel die Berichterstattung nach GRI als Airbag. „Wenn man nicht genau weiß, wie schnell man fahren kann, dann ist man mit GRI auf jeden Fall sicher unterwegs.“
Die Frage nach dem Ziel der Reise beantwortet Resel mit der immer stärker werdenden Anpassung an das Finanz-Reporting. Dem stimmte auch Peter Ertl, Managing Partner der KPMG, zu. Die Datensammlung wird immer wichtiger und muss immer professioneller und schneller erfolgen. Der Konnex zum wirtschaftlichen Erfolg wird stärker. Auch die Bewertung des Impacts werde sich zukünftig verändern. „Man kennt dies bereits aus dem Bereich des „Natural and Social Capital““, so Resel „bei dem es darum geht nicht-finanzielle Aktivitäten zu monetarisieren“. Auch damit stimmte Ertl überein: „Wir haben im Laufe der Zeit gelernt, dass alles bewertbar ist und damit auch in der Bilanz darstellbar“.
Es gibt aber noch anderen Ziele und Trends, wie das Festlegen von absoluten Zielen – Schlagwort „Science Based Targets“ - oder die Auseinandersetzung mit neuen Produkten, Dienstleistung und sogar Business Modellen im Sinne der Nachhaltigkeit.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Zukunft der Berichterstattung vielfältig sein wird, der Professionalisierungsgrad laufend zunimmt und man von automatisierten Echtzeit-Berichten träumen darf.
Was es dennoch – vor allem - von Unternehmensseite zu bedenken gilt, ist, dass neben all den Anforderungen an die Berichterstattung auch genug Zeit bleibt, um strategisch aktiv zu werden. Aktuell sieht es mehr so aus, als würden 70 % der Zeit für Berichte verwendet und nur 30 % für Projekte zur Umsetzung der gesetzten Ziele. „Wir haben manchmal das Gefühl uns zu Tode zu berichten“ so der Tenor der anwesenden UnternehmensvertreterInnen. „Klar ist es als Unternehmen entscheidend, wie man im Ranking von Rating-Agenturen abschneidet und wie einen der Finanzmarkt wahrnimmt, dennoch wäre es wünschenswert, wenn sich der Zeit- und Ressourcenaufwand reduzieren würde.“ Dem stimmte auch Sabine Content von GRI (Global Reporting Initiative) zu: „Letztendlich zählen auch für GRI nicht die Berichte, sondern die Taten, die diesen folgen“.
Die Gratwanderung zwischen „alles beleuchten, aber nur das Wesentliche berichten“, sowie „alles transparent und nachvollziehbar dazustellen, aber kurz zu bleiben“ ist eine Herausforderung, die nicht immer einfach zu meistern ist. Bauchgefühl ist dabei ebenso entscheidend wie die Anlehnung an internationale Richtlinien, um eine entsprechende Vergleichbarkeit zu erzielen.
Und dann ist da noch der Datenschatz. Der Datenschatz, der im Zuge der Berichtslegung gehoben wird, und welcher verstärkt genutzt werden soll, um Trends abzulesen und Entwicklungen darzustellen. Das gilt nicht nur für die Unternehmen selber, sondern auch für Investoren, NachhaltigkeitsexpertInnen, NGOs und vielen mehr.