Editorial: Fair Play
Verantwortung – das Thema dieser Ausgabe der BUSINESSART war, aufgrund des erwarteten EU-Lieferkettengesetzes, lange geplant. Die Geschichte lag am Tisch und wir saßen über den Coverlines, als Putin am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschierte.
Im ersten Moment blieb uns die Luft weg. Im zweiten fühlten wir uns wie Zuschauer*innen im falschen Film. Und im dritten rappelten wir uns auf, um unsere Hausaufgaben zu machen: Was können wir persönlich tun? Was können wir als Verlag, mit unseren Medien tun? Spenden, sich an Hilfsgüterlieferungen beteiligen, hilfreiche Links auf unsere Websites stellen, solidarisch sein, wo immer es geht. Und unsere Arbeit für ein gutes Leben für alle konsequent fortsetzen. Daher betiteln wir diese Ausgabe ganz bewusst „Fair Play“. Wir wollen, müssen, dürfen von allen und auch von uns selbst Fairness erwarten.
Es ist eine seltsame Zeit, in der eine Krise die nächste jagt, und keine Zeit zum Rasten bleibt.
Wir erleben unglaubliche Fortschritte, wie das erwähnte Lieferkettengesetz. Es hat das Potenzial, die Ausbeutung von Mensch und Umwelt zu verhindern. Wenn der Entwurf nicht noch abgeschwächt wird, steht tatsächlich ein Paradigmenwechsel im Raum. Wir sehen mutige Unternehmen – vier davon erzählen, was sie selbst tun und wo es hapert. Viele, die wir gefragt haben, waren für ein Interview nicht bereit: „Wir tun schon einiges, aber wir wollen noch nicht an die Öffentlichkeit gehen.“ Die Sorge, dass Lücken und offene Flanken aufgedeckt werden, ist groß und möglicherweise auch berechtigt.
Auch die Verantwortung von Aufsichtsrät*innen haben wir unter die Lupe genommen. Off the records hört man von großen Herausforderungen – Nachhaltigkeit und SDGs kommen erst sehr langsam in den Top-Etagen an und es fehle an Know-how. Dabei sind Aufsichtsrät*innen hauptverantwortlich für nichtfinanzielle Berichterstattung. Aber immerhin: Das Thema ist auf der Agenda.
Gleichzeitig erleben wir, dass die Basis eines guten Lebens (auch bei uns) erodiert: Immer mehr autoritäre Regierungen kommen an die Macht, Krieg, Klimakatastrophe und Verlust der Biodiversität. Ach ja, und Corona war da auch noch. Da kann einem schon angst und bange werden.
Klar ist aber auch: Wenn wir den Kopf in den Sand stecken, werden wir die vielen Herausforderungen nicht meistern. Ich wünsche mir viele mutige, engagierte Menschen, die ihre Verantwortung wahrnehmen und ihren Handlungsspielraum nützen.
Ich bin jedenfalls dabei.
Herzliche Grüße
Roswitha M. Reisinger
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