"Zukunft ist eine gemeinsame Gestaltungsaufgabe."
100 Tage Klima und Kunst in Wien. Die Klima Biennale Wien hat sich der Herausforderung gewidmet, die hochkomplexen und akuten Themen des globalen Wandels, der Klimakrise, des Artensterbens und die Auswirkungen auf das Mensch- Natur-Gefüge greif- und erfahrbar zu machen. Denn wir müssen neue Wege finden, Wissen zu teilen und gemeinsam zu diskutieren.
Mag. Gerlinde Riedl, MA, Direktion KunstHausWien. Claudius Schulze, Künstlerische Leitung Klima Biennale Wien, Sithara Pathirana, Programmleitung Klima Biennale Wien
BUSINESSART hat nachgefragt: Was war der Auslöser für die Organisation einer Klimabiennale in Wien?
Gerlinde Riedl: Die Idee zur Klima Biennale Wien ist aus einer gemeinsamen Vision mit Christoph Thun-Hohenstein entstanden, der bereits mit der Vienna Biennale for Change den Pfad für die neue Initiative legte. Wir wollten die transformative Kraft der Kunst nutzen, um einen Paradigmenwechsel hin zu einer nachhaltigen Zukunft für unseren Planeten voranzutreiben. Gemeinsam trugen wir das Konzept an die Stadt Wien heran und konnten die drei Ressorts Kultur, Wirtschaft und Umwelt für unsere Idee begeistern – allein diese breite Allianz zeigt, wie wichtig und dringlich die Diskussion um Klimaschutz und Nachhaltigkeit ist.
Mit der Biennale haben wir einen Raum geschaffen, in dem von Kunst inspirierte Antworten auf die drängenden Herausforderungen unserer Zeit entwickelt wurden. Sie brachte neue Ideen und Perspektiven in die Stadt und lud die Menschen dazu ein, aktiv an der Debatte über eine gute Zukunft für alle teilzunehmen.
Was hat Sie ermutigt, durchzuhalten und die Klimabiennale zu realisieren?
Sithara Pathirana: Ich war überwältigt von der Bereitschaft so vieler Partner*innen in ganz Wien, sich an dem Projekt zu beteiligen und unsere Vision für ein gute Zukunft für alle zu unterstützen. Die Bereitschaft von so vielen Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen ihre Arbeit und ihr Wissen zu teilen hat mich sehr berührt und begeistert. Die vielen positiven Rückmeldungen und das Interesse aus verschiedenen Disziplinen haben mir gezeigt, dass die Biennale nicht nur notwendig, sondern auch willkommen war.
Was war das größte Hindernis?
Claudius Schulze: Das größte Hindernis war natürlich die kurze Zeit: Innerhalb eines Jahres eine neue Initiative zu gründen, aufzubauen, die Infrastruktur zu schaffen und dann ein Festival auf die Beine zu stellen, das sich über den gesamten Stadtraum erstreckt, war eine große Herausforderung. Eine Erstausgabe ist da natürlich immer fordernder – aber um so dringlicher ist die Initiative: denn nur mit systemischen, ganzheitlichen Ansätzen wird ein Gegenentwurf für eine Gesellschaft gelingen, die das ökologische Gleichgewicht in Einklang mit Wirtschaft und Wohlstand bringt.
Welche Kompetenzen/Fähigkeiten waren für Ihren Erfolg besonders wichtig?
Claudius Schulze: Konzeption wie auch Arbeitsweise der Biennale stehen im Zeichen der Multiperspektivität. Die Biennale begreift die Zukunft als gemeinsame Gestaltungsaufgabe.
Für das Team der Biennale bedeutet dies, sich auf Kooperation und Zusammenarbeit zu konzentrieren. Über 100 Partner*innen haben das Programm der Biennale gemeinsam gestemmt. So etwas ist nur möglich wenn Jede*r auch bei sich selbst anfängt und nach bester Möglichkeit kooperative Ansätze in den Vordergrund stellt.
Wie kann der Klimawandel so greifbar gemacht werden, dass sich alle dafür einsetzen und mitmachen?
Sithara Pathirana: Nach diesem Sommer und den vielen Katastrophen in Österreich und weltweit ist der Klimawandel für viele Menschen greifbarer denn je. Es geht daher weniger darum, das Phänomen an sich zu erklären, sondern vielmehr darum, die Zusammenhänge und Auswirkungen verständlicher zu machen. Dieses Wissen muss uns aber so nahegehen, dass wir auch aktiv werden.
Ein Weg, dies zu erreichen, kann darin bestehen, Informationen und Wissen auf eine Weise zu vermitteln, die eine emotionale Wirkung erzielt. Noch wichtiger ist es jedoch, Strategien zu entwickeln, die Menschen befähigen, selbst aktiv zu werden – indem man ihnen die Werkzeuge an die Hand gibt, um in ihrem Alltag handlungsfähig zu werden. In der Bildung sehe ich einer der wichtigsten Hebel dafür, und künstlerische Methoden spielen dabei eine zentrale Rolle. Kunst und Kultur können durch ihre Fähigkeit inspirieren, komplexe Themen greifbar machen, können Menschen nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern im besten Fall auch zum Handeln motivieren. Der Bildungsschwerpunkt, den wir im Rahmen der Biennale gesetzt haben, beruht genau auf dieser Idee.
So richtete sich etwa der Klimagipfel speziell an Menschen aus Schulen und Universitäten, die eine wichtige Multiplikator*innen-Rolle innehaben. Aber auch unser Aktivismuscamp, der in Kooperation mit den Wiener Festwochen und dem Volkskundemuseum Wien stattfand, ist in diesem Zusammenhang zu sehen: Hier ging es im Wesentlichen darum, der zivilen Bevölkerung die Anliegen von verschiedenen aktivistischen Initiativen in einem offenen Haus durch Workshops und Veranstaltungen näher zu bringen. Solche partizipativen Formate fördern Verständnis und das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen. Ein weiteres Ziel des Camps war es Aktivist*innen zu entdämonisieren. Denn Aktivismus ist ein essenzieller und wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Demokratie und hat viele bedeutende rechtliche Errungenschaften für Mensch und Natur ermöglicht.
Wie lautet der Leitsatz / das Leitmotiv Ihres Lebens?
Sithara Pathirana: Für mich steht am ehesten der Begriff „Kindness“ als eine Art Leitmotiv meines Handelns. In jeder Begegnung, ob im persönlichen oder beruflichen Umfeld, ob im menschlichen oder nicht-menschlichen Gefilde, glaube ich daran, dass ein bewusster Akt der Freundlichkeit, der Fürsorge, des Mitgefühls und des gegenseitigen Respekts nicht nur zwischenmenschliche Beziehungen stärken kann, sondern auch die Welt herum zum Positiveren verändern kann.
Gerlinde Riedl: Was für eine Frage… ich habe viele, im Zusammenhang mit dem Klimawandel vielleicht: "Die Zukunft ist das Resultat der Entscheidungen, die wir heute treffen."
KunstHausWien GmbH, Wien
Branche: Kultur / Museum
Mitarbeiter*innen: rund 40
Website: www.kunsthauswien.com