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Konjunkturpakete: Warum auf Gleichstellung setzen?

"Die nächsten Generationen haben Ansprüche an potentielle Arbeitgebende", sagt Mag.a Manuela Vollmann, Geschäftsführerin des ABZ*Austria. 

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Foto: Volker Hoffmann

BUSINESSART: Von Konjunkturpaketen profitieren Unternehmen und damit die dort beschäftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gleichermaßen. Wieso muss bei der Ausgestaltung von Konjunkturpaketen auf die Gleichstellung besonders geachtet werden?

Manuela Vollmann: Frauen arbeiten in Österreich laut eigenen Angaben immer noch am häufigsten wegen der "Betreuung pflegebedürftiger Kinder und Erwachsener" in Teilzeit. Elternteilzeit nehmen fast ausschließlich Mütter in Anspruch. Die Folge von Teilzeitarbeit sind für Frauen gravierend und existenzbedrohend: weniger Gehalt, schlechtere Aufstiegschancen und ein höheres Risiko, in der Pension von Altersarmut betroffen zu sein. Außerdem ist z.B. der Anteil der Teilzeit Arbeitenden im Sozial- und Gesundheitsbereich besonders hoch. Erhebungen zeigen, dass rund ein Drittel der Frauen die in diesen Berufen arbeiten, über 50 Jahre alt sind und in 10 Jahren wahrscheinlich bereits in Pension gehen. In Kindergärten sind fast alle Beschäftigten weiblich, dafür fehlt es an weiblichen Fachkräften im Bereich Technik, Digitalisierung und Klimaschutz. Wenn sich nichts verändert, schwächen wir die systemerhaltenden Berufe, verstärken die Altersarmut von Frauen und schaffen eine Gesellschaft, die weit weg von jeglicher Diversität ist.

Was sind die wichtigsten Ansatzpunkte und Hebel, um Gleichstellung zu ermöglichen?

Solange die Benachteiligungen von Frauen am Arbeitsmarkt gegeben sind, müssen wir im Rahmen einer aktuellen Arbeitsmarktpolitik mindestens 50% der Fördermittel des Arbeitsmarktservices für Frauen aufwenden. Es braucht die Aufrechterhaltung dieser Budgetzuteilung und die Aufstockung einer Qualifizierungsoffensive für Frauen. Eine Investition zur Sicherstellung der Teilhabe von Frauen als Gestalterinnen der Digitalisierung und zur Sicherstellung der gerechten Teilhabe an Bildung ist notwendig. Die Bildungslandschaft verändert sich, distance learning ist nicht erst seit Covid-19 ein Thema, wurde aber durch die aktuelle Krise stark beschleunigt. Es braucht weitreichendere strukturelle Änderungen und eine bessere Infrastruktur für Frauen. Ein freiwilliges technisches Jahr für Frauen in Anlehnung an das bestehende Modell des freiwilligen sozialen Jahres kann den Zugang zu technischen Berufen ermöglichen und die Frauenquote in technischen Branchen erhöhen.

Es braucht einen politischen Rahmen, der eine partnerschaftliche Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit deutlich stärker unterstützt. ABZ*AUSTRIA schlägt ein Modell einer Familienarbeitszeit von 30/30 vor, in dem beide Eltern auf 30 Wochenstunden bei teilweisem Lohnausgleich reduzieren. Nur wenn beide Elternteile in dieser Lebensphase Erwerbsarbeitszeit reduzieren, wenn es „normal“ wird für Unternehmen, dass auch Männer diese Zeiten in Anspruch nehmen, wird eine Verschiebung von Verantwortlichkeiten und ein größere Selbstverständlichkeit von Frauenkarrieren gelingen.

Was muss ganz konkret in den Konjunkturpaketen anders gemacht / berücksichtigt werden?

Im Prinzip ist es relativ einfach. Es darf kein Konjunkturpaket ohne Einbeziehung von Gleichstellungsfaktoren geben. Es braucht eine wirkungsorientierte Folgenabschätzung zur Verteilung von Fördermitteln und die gezielte Förderung und den Ausbau von arbeitsmarktpolitischen Programmen im Bereich Frauenförderung sowie eine laufende Evaluierung.

Was ist der Vorteil für Unternehmen?

Die Arbeitswelt ist im Wandel.Die nächsten Generationen haben Ansprüche an potentielle Arbeitgebende. Um die besten Arbeitskräfte zu bekommen, braucht es andere Arbeitszeit- und Arbeitsorganisationsmodelle um Männer und Frauen gleichberechtigt arbeiten zu lassen.Es gibt auch den neu gewachsenen Anspruch der Väter, genauso für die Kinder da zu sein wie die Mütter und das erfordert ein Umdenken in den Beschäftigungsverhältnissen, den Unternehmensstrukturen und der Unternehmenskultur. Vielen Unternehmen ist schon bewusst, dass sie die Mitarbeitenden nicht bekommen, die sie z.B. auch für Führungspositionen brauchen, wenn sie nicht stärker auf diese Bedürfnisse eingehen. Der Fachkräftemangel ist spürbar, gleichzeitig steigt die Jugendarbeitslosigkeit.Die Wirtschaft kann es sich außerdem gar nicht leisten, auf die gut ausgebildeten Frauen zu verzichten. 2017/18 wurden laut Statistik Austria 57,3% der Maturaabschlüsse von Frauen abgelegt und 54,8% der Studienabschlüsse an Universitäten von Frauen erworben. 

Was ist der Vorteil für die Gesellschaft?

Die gleichberechtigte Mitwirkung von Frauen und Männern in allen Bereichen des Berufs-, Familien- und Privatleben ist gesamtgesellschaftlich ein großer Mehrwert. Ein gleichstellungsorientiertes Wertesystem macht Vielfalt und Innovation erst möglich und schafft für alle eine zukunftsfähige Lebens- und Arbeitswelt.

Über das ABZ*Austria

Mag.a Manuela Vollmann ist Geschäftsführerin des ABZ*Austria, eines nicht gewinnorientiert wirtschaftenden Verein zur Förderung von Arbeit (a), Bildung (b) und Zukunft (z) von Frauen und das größte Frauenunternehmen Österreichs.