zum Inhalt springen

Mari Lang, Frauenfragen

Stell dir vor, die Zukunft wird großartig und du bist schuld.

Mari Lang, Podcast Frauenfragen
Foto: Martina Lang

Wie fühlt es sich an, in einer Männerdomäne zu arbeiten? Wie lassen sich Kinder und Karriere vereinbaren? Über diese Themen wird normalerweise mit Frauen gesprochen. In ihrem Podcast „Frauenfragen“ dreht Lang den Spieß um und befragt Männer wie Armin Wolf, Toni Faber oder Christian Kern. Mit ihren „Frauenfragen“ hat Mari Lang der Gleichstellungsthematik in Österreich einen neuen Drive und eine neue Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gegeben.

ng23-wolfgang-gerlich-mari-lang-roswitha-reisinger-c-feelimage-matern-140
Wolfgang Gerlich, Plansinn, Mari Lang, Podcast Frauenfragen, Roswitha Reisinger, BUSINESSART Foto: feelimage/Matern

BUSINESSART: Zu Beginn der Corona Pandemie wurden Sie von Ihrem Chef mit den Worten „Jetzt hast du Zeit, dich um deine Kinder zu kümmern“ in Kurzarbeit geschickt.

Mari Lang: Das hat mir einmal mehr gezeigt, dass Kinder nach wie vor als Frauensache gelten bzw. dass es – egal, wie frau es mit Kindern anstellt (ob als Hausfrau, in Teilzeit oder Vollzeit oder mit Karriereambitionen) – immer irgendwie falsch ist. Auch mein Mann saß im Lockdown zuhause und hat im Homeoffice Vollzeit weitergearbeitet. Niemand aus seinem (Arbeits-)Umfeld hat ihn gefragt, wie er das mit zwei kleinen Kindern zuhause hinkriegen will. Das hat mir zu denken gegeben, mich wütend gemacht, und diese Energie habe ich dann im „Frauenfragen“-Podcast kanalisiert. Wut alleine verändert noch nichts. Aktiv werden schon.

Und Sie sind sehr aktiv geworden. Sie haben mir erzählt, dass es herausfordernd war, in Ihrem Podcast den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden und sich bei all der Kreativität und dem Engagement nicht selbst auszubeuten. Wie haben Sie das geschafft?

Im Lockdown und während der Kurzarbeit ging es ganz gut. Danach wurde es schwieriger, weil mein regulärer Job wieder dazu gekommen ist. Ich habe mir aber immer wieder bewusst Pausen gegönnt und mir klar gemacht, dass ich ja meine eigene Chefin bin, die niemandem Rechenschaft schuldig ist, dass ich nach meinen eigenen Regeln arbeiten kann. Ich habe begonnen, unregelmäßiger Folgen aufzunehmen und mehr auf meinen Energiehaushalt zu achten. Das war sehr befreiend.

Für Ihre Podcasts sind Sie vielfach ausgezeichnet worden: Platz 10 bei den Ö3 Podcast Awards 2021, Platz 2 im Jahr darauf. Gratulation! Was hat sich noch getan?

Aus dem Podcast ist 2021 auch ein Buch entstanden und in weiterer Folge viele Engagements als Keynote-Speakerin. 2023 stand ich dann mit einem eigenen „Frauenfragen“-Bühnenprogramm und einem Intro als Stand-up-Comedienne auf der Bühne der Kulisse Wien. Die Auszeichnung bei den Minerva Awards 2023 in der Kategorie „Community“ hat mir einmal mehr gezeigt, wie dringlich es ist, das Thema Gleichberechtigung der Geschlechter weiterhin im öffentlichen Diskurs zu halten. Weil es nach wie vor so viele Schrauben gibt, an denen gedreht werden muss und kann.

Was haben Sie aus den Gesprächen mit Ihren Gästen gelernt?

Mir ist noch bewusster geworden, wie wichtig es ist, sich mit dem Thema Gleichberechtigung auseinanderzusetzen. Ich bekomme so viel Rückmeldung und so viele Zuschriften, die mir und auch den anderen Frauen zeigen: Ich bin mit meinen Gedanken, Anliegen und Hürden als Frau nicht alleine.

Außerdem: Unterschiedliche Meinungen zuzulassen und sie offen und ehrlich zu ergründen zu versuchen, ermöglicht es oft erst, Gemeinsamkeiten zu erkennen und kann in weiterer Folge ein echtes Umdenken bewirken. Das habe ich bei meinen Interviewpartnern und auch bei mir immer wieder erlebt.

Wie viele Absagen von eingeladenen Männern gehen einer Zusage voraus – anders gefragt: Kommen Ihre Gesprächsgäste gerne zu Ihnen?

Es gibt tatsächlich so gut wie keine Absagen. Ich denke, ich habe mir den Ruf erarbeitet, eine sehr faire Gesprächspartnerin zu sein und gemeinsam mit meinen Gästen das Thema Gleichberechtigung ehrlich ergründen zu wollen. Neugierig und offen zu bleiben und immer auf Augenhöhe zu kommunizieren. Dass der Ansatz der Interviews ein spielerischer ist, hilft sicher auch, und dass eine große Portion Humor mitschwingt. Wer lernt nicht gerne dazu und hat dabei im besten Fall auch noch Spaß?

Was braucht es, um in der großen Vielfalt der Podcasts erfolgreich zu sein?

Es braucht ein gutes, herausragendes Konzept, das mir mit „Frauenfragen“ sicher gelungen ist. Ein guter Podcast muss in zwei bis drei Sätzen beschrieben werden können. Was macht ihn aus? Was unterscheidet ihn von anderen im selben Themenfeld? Warum sollte ich mir genau diesen anhören und nicht einen anderen? Und die Qualität (technisch und inhaltlich) sollte natürlich auch passen.

Wo steht die Medienbranche auf dem Weg zur Nachhaltigkeit auf einer Skala von 0 (kein einziger Schritt gesetzt) bis 10 (alles geschafft)?

5.

Was sind die drei wesentlichen Nachhaltigkeits-Herausforderungen in der Medienbranche? Und wie kann man sie meistern?

Nachhaltigkeit hat im Bereich der Medienbranche unterschiedliche Facetten – eine der wesentlichsten ist die Kommunikation über Nachhaltigkeitsthemen. Die ist meiner Meinung nach oft noch viel zu negativ. Wir müssen Wege finden, um möglichst viele Menschen mit Nachhaltigkeitsthemen zu erreichen. Es braucht vielfältige Zugänge für Jung und Alt, kreativere Herangehensweisen, als wir sie bisher haben. Information alleine reicht nicht mehr. Wir müssen versuchen aufzurütteln und Menschen tatsächlich zum Umdenken und Handeln zu bewegen.

Generell wird die Medienbranche immer schnelllebiger. Die Frage ist: Wo ist noch Platz, um bei Themen in die Tiefe zu gehen? Wo können Akzente gesetzt werden? Wie nachhaltig bleibt die Berichterstattung in den Köpfen der Konsument*innen? Was bringt es ihnen für ihr eigenes Leben?

Medienhäuser müssen aber auch, was ihr Arbeitsumfeld betrifft, als Vorbild vorangehen. Wo können Ressourcen gespart werden? Wie grün sind die Medienhäuser selbst in ihrem Arbeitsalltag?

Was bedeutet „gestalten“ für Sie?

  • Mit offenen Augen durch die Welt gehen – das ist auch meine Kernaufgabe als Journalistin. Aber die Neugier und die Weltoffenheit machen mich auch als Mensch aus. Das hat wohl viel mit meiner Herkunft zu tun. Meine Mutter ist gebürtige Ungarin, ich habe als Kind viel Zeit hinter dem Eisernen Vorhang verbracht und schon früh gelernt, dass es unterschiedliche Lebensrealitäten gibt.
  • Hinschauen und Dinge erkennen, die nicht gut laufen, die Veränderungen brauchen – das kann in ganz unterschiedlichen Bereichen sein.
  • Mutig sein, Dinge anpacken und auch mal unbequem werden.
  • Die Dinge tun, weil sie getan werden „müssen“ – aus einem selbst heraus, nicht wegen anderer. Die Eigenmotivation ist für mich ein wesentlicher Treiber, wenn es ums Gestalten geht.
  • Und der Glaube an das Gute im Menschen an sich.

Wie lautet der Leitsatz Ihres Lebens?

Stell dir vor, die Zukunft wird großartig und du bist schuld.

Einfach machen!

Mari Lang, Podcast Frauenfragen, Wien
Branche: Medien
Website: www.marilang.at

Journalistin und Podcasterin Mari Lang
Foto: Martina Lang