Wechseljahre im Business
Warum kluge Unternehmen jetzt investieren. Gastbeitrag von Martina Eberhart.
Wenn Männer die Wechseljahre hätten… Stellen Sie sich vor, Wechseljahre wären ein männliches Phänomen. Wären dann klimatisierte Büros, flexible Arbeitszeiten oder Gesundheitsprogramme längst Standard? Wahrscheinlich.
49 % der Frauen in Deutschland und Österreich empfinden die Wechseljahre am Arbeitsplatz als Tabuthema. Das Schweigen hat Folgen: Laut der Meno Support-Studie der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin reduziert fast jede fünfte ihre Arbeitszeit, jede achte wechselt den Job. Unternehmen verlieren damit erfahrene und hochqualifizierte Mitarbeiterinnen – ein Risiko, das angesichts des Fachkräftemangels nicht ignoriert werden kann. Unternehmen riskieren damit nicht nur wertvollen Knowhow-Verlust, sondern auch erhebliche Produktivitätseinbußen und steigende Fehlzeiten. Dies führt nicht nur zu Personalfluktuation, sondern auch zu einem signifikanten Karriereknick. Ein Tabu, das Unternehmen teuer zu stehen kommt.
Unternehmen, die Frauen in den Wechseljahren aktiv unterstützen, profitieren in mehrfacher Hinsicht. Eine bessere Mitarbeiterinnenbindung sorgt für weniger Fluktuation, während gezielte Maßnahmen die Produktivität steigern. Gleichzeitig sinken die krankheitsbedingten Fehlzeiten. Indem Unternehmen die Wechseljahre als relevante Gesundheits- und Karrierethematik anerkennen, schaffen sie ein modernes, zukunftsorientiertes Arbeitsumfeld.
Die Tabuisierung der Wechseljahre verursacht aber nicht nur individuelle Belastungen, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Schäden. Laut einer aktuellen Studie beläuft sich der wirtschaftliche Verlust durch mangelnde Unterstützung von Frauen in dieser Lebensphase weltweit auf über eine Billion Dollar jährlich. In Österreich sind rund 800.000 berufstätige Frauen betroffen – mit direkten Folgen für Unternehmen.
Die Vernachlässigung von Frauengesundheit hat Geschichte
Die Medizin ist historisch auf den männlichen Körper ausgerichtet – mit gravierenden Folgen für Frauen. Viele Erkrankungen, die vor allem oder ausschließlich Frauen betreffen, sind massiv unterforscht und werden oft nicht ernst genommen. Studien zeigen, dass Frauen seltener angemessen behandelt werden und ihre Schmerzen häufiger als „psychosomatisch“ abgetan werden. Es braucht ein Umdenken – in der Medizin, in Unternehmen und in der Gesellschaft.
Wechseljahre im Job richtig managen
Statt zuzusehen, wie wertvolles Know-how verloren geht, können Unternehmen gezielt Maßnahmen ergreifen:
- Bedarf erkennen und Feedback einholen:
- Erkennen Sie die Wechseljahre als echte Gesundheitsherausforderung an.
- Fragen Sie Ihre Mitarbeiterinnen nach ihren Bedürfnissen.
- Sensibilisierung und Enttabuisierung
- Aufklärungsworkshops für Führungskräfte und Teams
- Sichtbarkeit durch interne Kampagnen oder Mentoring-Programme
- Integration des Themas in das betriebliche Gesundheitsmanagement
- Flexible Arbeitsbedingungen
- Gleitzeit- und Homeoffice-Optionen zur Reduzierung von Stress
- Anpassung der Arbeitszeiten für bessere Vereinbarkeit mit gesundheitlichen Bedürfnissen
- Arbeitsplatzgestaltung anpassen
- Klimatisierte Räume oder Ventilatoren gegen Hitzewallungen
- Rückzugsorte für Erholung und kurze Pausen
- Gesundheitsförderung stärken
- Sportangebote, die gezielt Wechseljahresbeschwerden entgegenwirken (z. B. Yoga, Krafttraining)
- Ernährungstipps für hormonelle Balance, beispielsweise durch betriebliche Gesundheitsprogramme
- Coaching und Karrieresupport
- Mentoring-Programme für Frauen in der Lebensmitte
- Psychologische Unterstützung und Coaching zur Stärkung des Selbstbewusstseins
Unternehmen, die das Thema Wechseljahre aktiv angehen, profitieren doppelt: Sie sichern sich nicht nur die Loyalität und Leistungsfähigkeit erfahrener Mitarbeiterinnen, sondern positionieren sich auch als moderne, inklusive Arbeitgeber. Angesichts des Fachkräftemangels ist das keine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern eine Investment-Entscheidung und eine strategische Notwendigkeit. Frauen gehören in die Führungsetagen – und Unternehmen haben die Verantwortung, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.
Martina Eberhart ist Psychotherapeutin und Coach. Ihr Ziel ist es, das „Tabuthema" Wechseljahre zu brechen und Missverständnisse auszuräumen. Mit einem emotionsfokussierten Ansatz und dreißig Jahren Erfahrung im Bankwesen sensibilisiert sie Unternehmen für die Herausforderungen von Frauen in den Wechseljahren. www.martina-eberhart.at