Innovationsnetzwerk natuREbuilt
Innovation durch Kooperation
Michaela Smertnig, Azra Korjenic, Heinz Geza Ambrozy und Alois Hirschmugl als Repräsentant*innen des natuREbuilt Konsortiums
Obwohl dem Bauen mit nachwachsenden Baustoffen immer mehr Bedeutung zukommt, gibt es bei der Verwendung von Holzfaserwerkstoffen, Hanf, Stroh, Lehm, Kalk, Schafwolle und Ähnlichem Informationsdefizite, die Bauträger*innen und Planende davon abhalten, vermehrt ökologische Materialien und Komponenten einzusetzen. Das Innovationsnetzwerk natuREbuilt – bestehend aus 18 Kooperationspartner*innen – hat in den vergangenen zweieinhalb Jahren den Einsatz von ökologischen Materialien im mehrgeschossigen Neubau und in der Sanierung geprüft und getestet. Die Ergebnisse sind in funktionsfähige, geprüfte, resiliente Konstruktionen eingeflossen, die in weiterer Folge BIM-tauglich* digitalisiert wurden und auf der Website öffentlich zugänglich sind. Dieses neue Planungswerkzeug liefert relevante Informationen für Planende und Bauauftraggebende und ermöglicht so eine breite Anwendung in der Bauwirtschaft.
* Unter Building Information Modeling (BIM) oder Gebäudedaten-Modellierung versteht man die optimierte Planung und Ausführung von Gebäuden mithilfe entsprechender Software.
Möglichst viele regenerative und regionale Baustoffe sollten auf Wunsch des Bauträgers, der GESA, beim Bau des „Haus des Lernens“ in St. Pölten eingesetzt werden. Das gelang nicht. Aber nicht, weil es sie nicht gibt, sondern weil sich viele baubehördliche Hindernisse in den Weg stellten. Eine Reihe von Unternehmen, die umweltfreundliche Materialien produzieren, mit ihnen planen bzw. diese verarbeiten, wollten das nicht weiter hinnehmen. Mit Unterstützung des ecoplus Bau.Energie.Umwelt Clusters NÖ entstand so das Innovationsnetzwerk natuREbuilt. 18 Kooperationspartner*innen haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren den Einsatz von ökologischen Materialien im mehrgeschossigen Neubau und in der Sanierung geprüft und getestet. Die Ergebnisse sind in funktionsfähige, geprüfte, resiliente Konstruktionen eingeflossen, die in weiterer Folge BIM-tauglich digitalisiert wurden und auf der Website öffentlich zugänglich sind. Dieses neue Planungswerkzeug liefert relevante Informationen für Planende und Bauauftraggebende und ermöglicht so eine breite Anwendung nachwachsender Baustoffe wie Hanf, Stroh, Lehm, Kalk, Schafwolle oder Holzfaserwerkstoffe in der Bauwirtschaft.
BUSINESSART: Die Finanzierung dieses Projektes gestaltete sich nicht einfach.
Michaela Smertnig: Es war schwierig, eine Förderung für unsere geplanten Vorhaben zu bekommen. Wir mussten hartnäckig sein und einen langen Atem haben. Drei Fördereinreichungen waren notwendig, bis wir erfolgreich waren und das Projekt mit einer finanziellen Unterstützung durch das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) in der FFG-Programmlinie COIN Netzwerke starten konnten.
Ihr Ziel ist es, durch Information über nachwachsende Baustoffe und die Entwicklung geprüfter fehlertoleranter Konstruktionen, die Skepsis bei Bauträger*innen und Planenden abzubauen. Können Sie hier schon erste Erfolge feststellen?
Das Planungstool liefert gesichertes Wissen sowie einsatzbereite ökologische Konstruktionen inklusive Details und Erklärungen – es ist seit Kurzem online. Ergänzend ist geplant, weitere Forschungslücken zu schließen und auch über umgesetzte Bauprojekte mit regenerativen Baustoffen zu berichten und Informations- und Qualifizierungs-Events zu machen. Das ist „work in progress“.
Neben der mangelhaften Information sprechen sicher auch die höheren Kosten gegen den Einsatz umweltfreundlicher Baustoffe. Um wie viel höher muss ich im Vergleich zu synthetischen Baustoffen kalkulieren?
Die Kosten sind pro Bauprojekt zu kalkulieren, Bauprojekte sind unterschiedlich, daher kann hier keine allgemeingültige Aussage getroffen werden. Die Kosten sind Teil der Hemmnisspirale: Wird wenig Material eingesetzt, wird weniger produziert, werden die Kosten hoch bleiben. Bauauftragende sehen beim Einsatz von regenerativen Baustoffen zudem nicht nur das Investment, sondern die Kosten im Lebenszyklus und die Verwertungsmöglichkeiten am Lebenszysklusende. Wenn die gesamten Lebenszykluskosten berücksichtigt werden, schneidet ökologisches Bauen meistens besser ab. In der Planung- und Bauphase sind die Kosten etwas höher, dafür sind sie in den restlichen Lebenszyklusphasen eines Gebäudes niedriger.
Werden die Mehrkosten bei der Errichtung durch allfällige Förderungen abgefedert?
In vielen Ländern gibt es staatliche und regionale Förderprogramme, die darauf abzielen, umweltfreundliche Bauprojekte zu unterstützen. Diese Förderungen können in Form von Zuschüssen, zinsgünstigen Darlehen, Steuervergünstigungen oder anderen finanziellen Anreizen gewährt werden. Ihr Hauptziel ist es oft, nachhaltiges Bauen und den Einsatz umweltfreundlicher Technologien zu fördern. Diese Förderungen können dazu beitragen, die Mehrkosten für ökologisches Bauen in der Planung- und Bauphase zu reduzieren oder auszugleichen.
Hat sich die Nachfrage anhand des aktuell erhöhten Kostendruckes verändert?
Das ist derzeit nicht wahrnehmbar. Das gestiegene Bewusstsein für Umweltfragen und der Wunsch nach nachhaltigen Lebensstilen kann die Nachfrage nach ökologischem Bauen unabhängig vom Kostendruck steigern. Viele Menschen sind bereit, mehr für umweltfreundliche Optionen zu zahlen, weil sie die langfristigen Umweltvorteile schätzen.
Inwieweit spielen ESG-Kriterien eine Rolle auf dem Weg zu einer nachhaltigen Bauweise?
Durch die notwendige Dekarbonisierung und die grüne Transformation der Wirtschaft werden ökologische Bauweisen künftig Rückenwind erfahren. Die EU-Taxonomie-Verordnung beginnt hier bereits ihre Wirkung zu zeigen.
Nach drei Jahren habt ihr eine solide Basis gelegt. Wie geht es jetzt weiter?
Das Schöne ist, dass das Netzwerk über das geförderte Projekt hinaus weiter zusammenarbeiten will. Denn es gibt noch viel zu tun!
Nachhaltigkeit in der Baubranche:
Wo steht die Baubranche auf dem Weg zur Nachhaltigkeit auf einer Skala von 0 (kein einziger Schritt gesetzt) bis 10 (alles geschafft)?
3,47 – die Wege sind grundsätzlich geebnet, in Sachen Dekarbonisierung und Kreislaufführung ist noch viel Luft nach oben. Das heißt auch, dass ein großes Feld an Innovationsmöglichkeiten bereitsteht – dies merkt man auch in der Branche, in den Förderausschreibungen, an der Vielzahl an derzeitigen Innovationsprojekten.
Was sind die drei wesentlichen Nachhaltigkeits-Herausforderungen in der Baubranche?
- Ressourceneffizienz im Bauprozess
- Dekarbonisierung
Was sind die wichtigsten Maßnahmen, um diese zu meistern?
- Verringerung der Schadstoff-Emissionen
- Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien
- Umsetzung der Kreislaufwirtschaftsstrategie und -hierarchie: vermeiden – wiederverwenden – recyceln – energetische Verwertung – deponieren
- Nachweis von nachhaltigen Bauweisen, z.B. durch Gebäudezertifizierungen
Was bedeutet „gestalten“ für Sie?
- Michaela: Zu tun. Schritte zu setzen, auch wenn sie klein sind.
- Azra: Fähigkeit zur Veränderung und zur aktiven Einflussnahme auf die Umgebung und das Leben
Wie lautet der Leitsatz Ihres Lebens?
- Michaela: Der Leitspruch der ecoplus Cluster hat sich im Netzwerk natuREbuilt gut bewahrheitet: Innovation durch Kooperation
- Azra: Der TU-Wien-Leitsatz: Bauen für Menschen.
Innovationsnetzwerk natuREbuilt
Branche: Baubranche
Anzahl der Netzwerkpartner*innen: 18
Website: https://www.naturebuilt.at/