So denkt die Gesellschaft über Fake News
Konsequentes Vorgehen von Behörden gegen gezielte Falschnachrichten – das wünscht sich laut einer repräsentativen Studie der TU Darmstadt eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland.
Spätestens seit dem US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2016 ist das Phänomenen Fake News in der öffentlichen und wissenschaftlichen Debatte angelangt. Im Rahmen einer deutschlandweit durchgeführten, repräsentativen Studie hat das Fachgebiet Wissenschaft und Technik für Frieden und Sicherheit (PEASEC) der Technischen Universität Darmstadt drei Kernfragen untersucht – die Einschätzung von Fake News, die Erfahrungen und den Umgang mit dieser Art der Information sowie die Bewertung von Maßnahmen, um gezielte Falschnachrichten zu bekämpfen.
Aus Sicht von 84 Prozent der insgesamt 1023 Befragten sind Fake News gefährlich, weil sie Meinungen der Bevölkerung manipulieren können. 68 Prozent bekräftigen ferner, dass Fake News der Demokratie schaden. „Viele Bürgerinnen und Bürger befürchten, dass Desinformationen genutzt werden können, um Einfluss auf öffentliche Debatten und Wahlen zu nehmen“, so Professor Dr. Christian Reuter, Leiter der Studie. „Tatsächlich ist deren Einflusssphäre hierzulande – das ist die gute Nachricht – bislang eher klein; eine weitreichende Flut von Fake News blieb selbst im Wahlkampf 2017 aus. Darüber hinaus deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass Fake News in Deutschland weniger mit klassischen Medienanbietern assoziiert werden als beispielsweise in den USA.“
Rund die Hälfte aller Befragten (48 Prozent) gab weiter an, dass sie bereits in sozialen Netzwerken auf Fake News gestoßen seien. Demgegenüber räumt nur etwa jeder vierte Befragte (23 Prozent) ein, Fake News gelöscht oder gemeldet zu haben.
Insgesamt liegt die prozentuale Verteilung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die eine konkrete Erfahrung mit Fake News bestätigen, zwischen 23 (Löschung oder Meldung) und 2 Prozent (Erstellung oder Verbreitung von Fake News). Allerdings dürften diese Werte aufgrund der negativen Konnotation von Fake News im Hinblick auf soziale Erwünschtheit verzerrt sein, so die Wissenschaftler. Aufgrund empirischer Belege könne ferner davon ausgegangen werden, dass Desinformation vor allem im Kontext von (Rechts-)Populismus und Extremismus erfolgt. „Was ideologische Motive betrifft, so weisen die Befunde darauf hin, dass linkspolitische oder liberale Teilnehmer einen kritischeren Umgang mit Fake News pflegen“, so Reuter.
Die Wissenschaftler fanden auch bestätigt, dass soziodemografische Faktoren wie Alter und Bildung einen signifikanten Einfluss auf den Umgang mit Fake News haben: „Die Ergebnisse bekräftigen die These, dass jüngere und relativ gebildete Menschen besser über Falschnachrichten informiert sind“, so Reuter.
Als Konsequenz im Umgang mit Fake News befürwortet eine große Mehrheit der Teilnehmer (81 Prozent) eine schnelle Reaktion der zuständigen Behörden. Generell lag die Zustimmungsquote für Vorschläge (zum Beispiel Verpflichtung der Betreiber, Verschärfung der Strafvorschriften oder Einrichten staatlicher IT-Abwehrzentren) bei 72 Prozent.
Methodik: Die Daten dieses Beitrags stammen aus einer repräsentativen Onlinebefragung, die das Fachgebiet PEASEC der Technischen Universität Darmstadt 2017 deutschlandweit unter Benutzung des ISO-zertifizierten Panelproviders GapFish (Berlin) durchgeführt hat. Die Stichprobe der Befragten (N=1023) wurde an die Verteilung von Alter, Religion, Bildung und Einkommen entsprechend der allgemeinen deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren angepasst. Darüber hinaus wurde eine breite Streuung der Teilnehmer in Bezug auf Bildung und Einkommen sichergestellt.
Hintergrund: PEASEC (Wissenschaft und Technik für Frieden und Sicherheit) an der Technischen Universität Darmstadt forscht zu interaktiven Technologien, wie sozialen Medien, im Kontext der Sicherheits-, Krisen- und Friedensforschung. Mit PEASEC verfügt die TU Darmstadt über die deutschlandweit einzige Universitätsprofessur an der Schnittstelle von Informatik und Friedensforschung.
Förderung: Unterstützt wurde diese Arbeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) innerhalb von CRISP, dem BMBF innerhalb des Projekts KontiKat (13N14351) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) innerhalb des Sonderforschungsbereichs 1119 CROSSING.