Artenvielfalt nutzt der Landwirtschaft
Rund 20 Prozent der Agrarflächen weltweit bringen heute weniger Erträge als vor 20 Jahren. Schuld daran sei der Mensch, so die Welternährungsorganisation FAO: Er habe nicht genug für den Schutz des Artenreichtums getan.
Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Agrarökologin Bea Maas vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien belegt in einer neuen Studie in "Science Advances" die Vorteile von Artenvielfalt für die Landwirtschaft: Agrarflächen mit größerer Artenvielfalt sind besser vor schädlichen Insekten geschützt, fördern die Bestäubung und produzieren höhere Erträge.
Die Natur ist in vielerlei Hinsicht eine herausragende Dienstleisterin für die Landwirtschaft. Bienen und Hummeln bestäuben Obstbäume und andere Nutzpflanzen. Schlupfwespen und Raubkäfer fressen Schädlinge, die sich sonst über die Ackerfrüchte hermachen würden. Dazu kommen viele weitere Tierarten, die gratis für den Menschen arbeiten.
Die positiven Effekte der natürlichen Dienstleister fallen umso größer aus, je höher die Artenvielfalt und je kleinteiliger die Agrarlandschaft gestaltet ist. Wo dagegen riesige, monoton bepflanzte Flächen vorherrschen, sind Vielfalt und Menge der nützlichen Lebewesen deutlich verringert. Und das wirkt sich am Ende auch negativ auf die landwirtschaftlichen Erträge aus.
Erkenntnis aus 89 Studien gewonnen
Der Mensch müsse für eine möglichst große Biodiversität sorgen, um sich die Gratis-Dienstleistungen der Natur nachhaltig zu sichern. Es genüge nicht, auf einige wenige Arten als Bestäuber oder Schädlingsbekämpfer zu vertrauen. Dieses Fazit zieht nun auch ein internationales Forschungsteam im Magazin Science Advances.
Die mehr als 100 beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben 89 Studien ausgewertet, in denen der Zusammenhang zwischen Landnutzung, Biodiversität und den Gratis-Dienstleistungen der Ökosysteme erforscht wurde. Die internationale Studie wurde von Matteo Dainese (jetzt Eurac Research, Bozen), Emily Martin und Ingolf Steffan-Dewenter vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität (JMU) in Würzburg geleitet.
Verlust der Artenvielfalt schadet Nützlingen weltweit
Die Würzburger ForscherInnen koordinierten die Sammlung und Analyse von Studien an fast 1.500 Standorten weltweit – von Maisäckern in den USA über Rapsfelder in Südschweden, Kaffeeplantagen in Indien und Mangoplantagen in Südafrika, bis hin zu Weizenfeldern im Alpenraum. Bea Maas vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung an der Universität Wien hat unter anderem Ergebnisse aus ihren Studien in Südostasien beigetragen, die den Zusammenhang von Artenvielfalt und landwirtschaftlicher Produktivität belegen.
"Die weltweiten Analysen zeigen erstmals, dass der Verlust von Artenvielfalt wesentlich für die geringere biologische Schädlingskontrolle und Bestäubungsleistungen in Agrarlandschaften ist und auch landwirtschaftliche Erträge bedroht", betont Maas. Ungefähr die Hälfte der verlorenen Dienstleistungen lassen sich nur durch die geringere Artenvielfalt, und nicht durch eine geringere Menge von Bestäubern oder Gegenspielern erklären.
Matteo Dainese, Erstautor der Studie erklärt: "Zum Beispiel sind Landwirte weniger auf den Einsatz von Insektiziden angewiesen, wenn natürliche Schädlingskontrolle durch eine hohe Biodiversität in Argarökosystemen gewährleistet ist." Politik und Gesellschaft sollten sich einer weiteren Verarmung der Agrarökosysteme entgegenstemmen, so Steffan-Dewenter: "Wir brauchen eine Flurbereicherung", sagt der Würzburger Ökologe: "Eine möglichst große Biodiversität in den Agrarökosystemen wird zunehmend wichtig sein, um Erträge zu sichern und die Auswirkungen des globalen Wandels abzufedern."
Zweitautorin Emily Martin von der JMU: "Es wird kontrovers diskutiert, ob einige wenige, dominante Arten ausreichen, um Bestäubung und natürliche Schädlingsbekämpfung zu gewährleisten. Unsere Untersuchung deutet stark darauf hin, dass eine große Zahl von Arten nötig ist, um die Dienstleistungen der Natur und gute Erträge aufrecht zu erhalten.
Quelle: Universität Wien