COP27: Resümee Scientists for Future
Immerhin kein Schritt zurück, ein Meilenstein, aber insgesamt zu langsam. So beurteilen Mag. Dr. Renate Christ und Dr. Reinhard Mechler die diesjährige Klimakonferenz in Scharm-el-Scheikh.
Der Multilateralismus funktioniert
Ein Großteil der Industriestaaten steht auf der progressiven Seite, auch die USA. Das sagte Mag. Dr. Renate Christ, Scientist for Future und ehemalige Generalsekretärin des IPCC. Das 1,5°C Ziel, das in Glasgow vereinbart wurde, wurde bestätigt, man ist nicht (wie von machen gefordert) auf die 2°C des Pariser Klimabkommens zurückgegangen.
Unter anderem auch, weil die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen, dass viele Länder des globalen Südens bei mehr als 1,5°C extreme Auswirkungen vergegenwärtigen müssen. Davon betroffen sind ca. 3.6 Mrd. Menschen.
Zu langsam
Seit Glasgow 2021 haben nur 28 Staaten (mit zusammen 17% der globalen Treibhausgasemissionen) verstärkte nationale Emissionsanstrengungen auf den Weg gebracht. Mit den derzeitigen avisierten Klimaschutzzielen würde sich eine globale Erwärmung von 2.4°C statt des 1.5°C Zieles ergeben.
Trotz dieser Erkenntnis sind ambitionierte Schritte bei der Konferenz ausgeblieben, wie ein Bekenntnis zum Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen und den Höchststand der globalen Emissionen spätestens 2025 zu erreichen. Die dezidierte Weigerung einiger Länder auf Öl und Gas zu verzichten dürfte auch mit dem Energieengpass aufgrund des Ukraine-Kriegs zu tun haben. Verweise auf Maßnahmen im Energiesektor oder zur Reduktion von Methan sind vage, und im Bereich Landwirtschaft liege der Fokus auf Anpassungsmaßnahmen obwohl es viel Potenzial zur Emissionsminderung gibt.
Christ: "Auch wenn es zunehmend schwieriger wird das 1,5° Ziel zu erreichen – es ist wichtig, um den Druck für die Maßnahmen hoch zu halten. Alles über 1,5° wird für manche Länder des globalen Südens dramatische Auswirkungen haben." Im wesentlichen hätten alle Industriestaaten, auch die USA, auf diese Linie eingeschwenkt.
Einrichtung eines globalen Hilfsfonds für loss & damages
Seit 30 Jahren fordern daher Länder des Südens, dass Menschen und Gemeinden direkt nach Extremereignissen, aber auch bei Fragen der möglichen Umsiedlung infolge schleichender Auswirkungen, wie durch Meeresspiegelanstieg oder Dürren, finanziell unterstützt werden. Trotz der klaren Evidenz kam die Verabschiedung eines globalen Hilfefonds überraschend.
Der Hilfsfonds füllt laut Dr. Reinhard Mechler eine große Lücke in der sozioökonomischen Architektur, er werde zu mehr Klimagerechtigkeit führen. Dänemark und Österreich hatten Hilfsgelder bereits im Vorfeld der Konferenz zugesagt, Belgien und Deutschland haben sich bewegt. Trotzdem war überraschend, dass der Fonds zustande gekommen ist. Natürlich müsse er jetzt bis zur COP 28 noch konkret ausgearbeitet werden. Dabei unterstütze das Santiago Netzwerk – ein technisches Netzwerk. 134 Länder zahlen mit (nicht aber Indien, Saudi-Arabien und China), 20 besonders vulnerable Länder werden Nutznießer sein. Im übrigen: Nur 5% der globalen Emissionen entstehen in diesen vulnerablen Ländern.Für die Finanzierung sind CO2 Steuer, Flugabgaben und die Reformation der internat. Finanzinstitutionen angedacht.
Mag. Dr. Renate Christ ist Scientist for Future und ehemalige Generalsekretärin des IPCC.
Dr. Reinhard Mechler erforscht seit 20 Jahren sozio-ökonomischen Aspekten der Klimakrise und ist Lead-Autor mehrerer IPCC-Berichte. Derzeit leitet er die Forschungsgruppe für Systemrisiko und Resilienz des IIASA.
Über Scientists for Future
Scientists for Future (S4F) sind ein Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft stark machen. S4F ist unabhängig von Parteien. Ein wesentliches Ziel von S4F ist es, den aktuellen Stand wissenschaftlicher Forschung zum Thema Nachhaltigkeit und Klima in fundierter und gleichzeitig verständlicher Form zu vermitteln. Als Graswurzelbewegung sieht sich S4F in der Verantwortung, das Thema Nachhaltigkeit in der gesellschaftlichen Debatte zu verankern, z. B. mit Medienaussendungen, Stellungnahmen, Faktenchecks, Organisation von Podiumsdiskussionen, Impulsen für Lehrende und Lernende verschiedenster Studienrichtungen, Weiterbildungen und öffentlichen Aktionen zum Thema Umweltschutz.
Die Scientists for Future formierten sich im März 2019 mit einer Charta und initialen Stellungnahme um die Anliegen der Fridays For Future (FFF) zu unterstützen und mit zusätzlichen wissenschaftlichen Daten zu untermauern.
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