"Immer in Bewegung bleiben!"
Er ist einer der ganz wenigen, den man zu den Auswirkungen von Umwelteinflüssen auf die Gesundheit fragen kann. Ob Klimawandel/Klimakrise und Biodiversität, Luftverunreinigungen (z.B. Feinstaub), Umweltchemikalien (z.B. Pestizide, Mikroplastik, Ewigkeitschemikalien), Innenraumklimatologie, elektromagnetische Felder (z.B. Mobilfunk) und Lärm oder zu Folgen von Umweltverschmutzung auf die Kindergesundheit – auf seine Expertise kann man sich verlassen. Das liegt daran, dass er bereits als Student aus der Reihe getanzt ist und Landschaftsökologie an der Boku sowie Medizin an der Universität Wien studiert hat und seit Jahren in diesem Querschnittsbereich forscht und publiziert. Insgesamt stehen im Zentrum seiner Tätigkeiten wissenschaftlich fundierte Risikoabschätzungen und die verständliche Vermittlung von Umweltrisiken, wobei auch die praktische Umsetzung wirksamer Maßnahmen und Verbesserung der Rahmenbedingungen ein wichtiger Antrieb ist. Darüber hinaus ist er im Vorstand der „ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt" und Gründer der „Doctors For Future – Austria".
BUSINESSART hat nachgefragt: Was war der Auslöser dafür, dass du dich für beide Bereiche – Medizin und Ökologie – interessiert hast?
Der offensichtliche Gedanke, dass funktionierende Ökosysteme die zentrale Grundlage menschlicher Existenz und Gesundheit sind. Wir sind auf sie angewiesen. Und die Zusammenhänge und das Denken in Vernetzungen haben mich von Anfang an interessiert. Dazu kommt ein gewisser Wissensdurst. Und nicht zuletzt mein immanenter Ehrgeiz, dass ich das aufwendige Doppelstudium schaffe.
Was hat dich ermutigt, konsequent an dieser ungewöhnlichen Kombination dranzubleiben und so viel Knowhow aufzubauen?
Interesse und Leidenschaft für dieses unglaublich tolle und vielfältige Wissensgebiet. Es ist einfach erfüllend, sich mit immer neuen Fragen und Inhalten zu beschäftigen. Kurz: Es wird einfach nie fad.
Was waren die größten Schwierigkeiten?
Erstens einmal beide Studien zu schaffen. Und dann den eigenen Weg finden. Immerhin hatte ich, als ich zu studieren begann, überhaupt keine Vorstellung wohin mich das bringen wird. Ich habe mir das einfach in den Kopf gesetzt und mich nicht irritieren lassen etwa durch Gedanken wie „Was wirst du damit anfangen?“ oder „Das schaffst du nicht“.
Letztlich bin ich Schritt für Schritt dorthin gekommen, wo ich heute bin: in der Wissenschaft. Und das war anfänglich überhaupt nicht abzusehen. Aber es ist halt der Weg das Ziel.
Welche Kompetenzen/Skills waren/sind für deinen Erfolg besonders wichtig?
Was ist Erfolg? Für mich bedeutet es einen Beruf zu haben, der mich nach vielen Jahren noch immer begeistert. Also da hilft es, für Neues offen sein, neugierig und authentisch bleiben, im Umgang mit anderen auf Augenhöhe bleiben, mit einfachen Worten verständlich auch komplexere Sachverhalte erklären können (wahrscheinlich ein Resultat aus meiner Zeit als Mathematik-Nachhilfelehrer, als Arbeiter am Bau und bei der Post).
Und dann sind es innere Unruhe, kindliche Begeisterungsfähigkeit, unnachgiebige Leidenschaft, hohe Frustrationstoleranz. Aber auch vor allem Freundschaften und andere Interessen nicht vernachlässigen.
Wie kann der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Ökologie ein so greifbares Thema werden, dass alle Menschen dahinterstehen und mitmachen? Und zum Beispiel nicht billigstes Spielzeug oder Mode kaufen, die (neben der problematischen Herstellung) gesundheitsschädlich ist.
Wissen um diese Zusammenhänge und Bewusstsein sind natürlich Voraussetzung für jegliche Handlung. Allerdings reicht das oft nicht aus, um Verhaltensweisen zu ändern. Vielmehr muss es sich heutzutage für jeden/jede auszahlen. „Man muss davon etwas haben“. Das kann für die einen etwa ein gutes Gewissen sein. Bei anderen hilft nur ein finanzieller Anreiz. Auf jeden Fall darf man nicht vernachlässigen, dass dabei auch eine sehr starke soziale Komponente mitschwingt: ob man sich das überhaupt leisten kann.
Viele Wissenschaftler*innen sind seit Corona enormen Anfeindungen ausgesetzt. Wie gehst du damit um? Wie soll man solchen Menschen begegnen? Kann man sie gewinnen?
Einige kann man einfach nicht mehr gewinnen. Sie sind den Fake-News auf den Leim gegangen oder den Pseudowissenschaften verfallen. Den bescheidenen und immer auch kritischen und selbstkritischen Wissenschaftlern kreiden sei an, Unsicherheit zu verbreiten. Sie sind daher vernünftigen Argumenten, die immer auch die Möglichkeit, falsch zu liegen, einschließen, nicht mehr zugänglich. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass es reine Zeitverschwendung wäre, sich mit Hirngespinsten zu beschäftigen. Wenn jemand etwa wirklich glaubt, dass ein Wirbelsturm künstlich hergestellt wurde, um was auch immer damit zu erreichen, dann ist dem nicht mehr zu helfen. Leider haben sich seit der Corona-Pandemie Verschwörungstheorien und Desinformation gesellschaftlich etabliert, kursieren unaufhaltsam in sozialen Netzen und sind von Corona auf viele andere Themen übergesprungen. Es entstand eine Epidemie der Desinformation. Wir erleben vielleicht gerade die größte Krise unserer Zeit: die Informationskrise.
Gibt es einen Leitsatz / ein Leitmotiv deines Lebens? Wenn ja, wie lautet er?
Dazu fällt mir ein „Immer in Bewegung bleiben“, „Aufgegeben wird nur ein Brief“ oder „Kleine Schritte sind immer besser als keine Schritte“ und „Ehrgeiz ist die letzte Bastion der Talentlosen“. Wenn das Leitsätze sind – dann habe ich welche. Und ein Zitat, das mich vom ersten Moment an beeindruckt hat: Es wird zwar Ernst Bloch zugeschrieben, ich kenne es von Wolf Biermann: „Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.“
Medizinische Universität Wien
Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin am Zentrum für Public Health, Wien
Mitarbeiter*innen: 15