zum Inhalt springen

Klimakrise: Der Plan der Wissenschaftler*innen

Die Klimakrise ist für die Wissenschaftler*innen eine große Chance, strategische Antworten zu finden, statt sich von den Veränderungen überrollen zu lassen.

getrocknete Erde
jody-davis-pixabay_climate-change-2241061

Frühzeitiges Planen sichert dem Staat, den Unternehmen und den BürgerInnen Wahlmöglichkeiten und die Möglichkeit, Umsetzungspfade an ihren Bedürfnissen, Möglichkeiten und Präferenzen auszurichten. Das bedeutet auch finanzielle Ersparnisse und nachhaltig wirksame Innovationen, einschließlich bei der Digitalisierung.

Österreich hat sich im Entwurf zu seinem Nationalen Energie- ind Klimaplan (NEKP) Ziele gesetzt, die dem Pariser Klimavertrag in keiner Weise gerecht werden, und selbst dafür sind bisher weder die erforderlichen Maßnahmen vorgesehen, noch genügend Details zu den benötigten finanziellen Mittel angegeben.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Österreich haben sich daher entschlossen, einen Referenzplan (Ref-NEKP) als Grundlage für einen erfolgsfähigen NEKP anzubieten, der strategische Ansätze und konkrete Maßnahmen(bündel) enthält, mit denen jedenfalls die EU Mindestziele 2030, aber vor allem auch das Pariser Abkommen zur Einhaltung des globalen 1,5°C Ziels und die damit verbundene 2050 Vision der Europäischen Kommission tatsächlich und wirkungsvoll erreichbar sind.

Anfang Juli 2019 wurde eine erste Version vorgestellt, im Herbst sollen zwei Maßnahmenpakete vorgestellt werden: eines, das eher mehr Gewicht auf produktionsseitige Maßnahmen in den relevanten Wirtschaftssektoren legt (supply side), und eines, das sich eher um stärkere Reduktion des Bedarfes auf der Nachfrageseite bemüht (demand side).

Die Maßnahmenpakete sind jedoch keineswegs als „Blaupause“ für eine Regierung gedacht: Sie sind politikrelevant, aber nicht Politik vorschreibend. Priorisierung von Zielen und Maßnahmen sind rein aus wissenschaftlichen Diagnosen nicht ableitbar, da ihnen Werte als Maßstab zugrunde liegen (z.B. wie der Dreiklang aus wirtschaftlicher, sozialer und Umweltgerechtigkeit optimiert wird und wie stark unmittelbare öffentliche Akzeptanz zählt). Politische Entscheidungen müssen daher demokratisch legitimierten PolitikerInnen vorbehalten bleiben.

Geht man im Sinne des Pariser Klimaabkommens davon aus, dass nach 2050 von keiner Industrienation mehr Treibhausgase pro Jahr in die Atmosphäre eingebracht werden, als im gleichen Zeitraum im Boden oder in den Pflanzen (vor allem in den Wäldern) gespeichert werden können, dann bedeutet dies, dass die Netto-Emissionen Österreichs spätestens bis 2050 auf Netto-Null reduziert sein müssen.

Zudem muss der NEKP auch in einen österreichischen Plan zur Umsetzung der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der UNO (SDG) eingebettet sein, zu denen sich Österreich schon 2015 bekannt hat. Da ein solcher für Österreich noch fehlt, haben sich 15 Österreichische Universitäten im Rahmen des Projektes UniNEtZ zusammengetan, um Optionen zur Erreichung der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung für Österreich zu erarbeiten.

Als vordringlichste Maßnahme werten die Forscher*innen eine ökosoziale Steuerreform, bei der eine CO2-Steuer für den Nichtemissionshandelsbereich in der Höhe von 100 Euro pro Tonne eingeführt werden sollte. Gleichzeitig sollten dafür Lohnkosten gesenkt werden. Dass dies möglich ist, zeige das Beispiel Schweden: Hier wurde in den 1990er-Jahren eine CO2-Steuer eingeführt, heute beträgt sie 118 Euro pro Tonne. "Die schwedische Wirtschaft ist auch nicht zusammengebrochen, im Gegenteil", sagte Sigrid Stagl vom Institut für ökologische Ökonomie an der WU.

Neben weiteren Maßnahmen wären vor allem direkte und indirekte Förderungen fossiler Energieträger zu streichen. Die ForscherInnen warnten vor Kosten in Höhe von rund 35 Milliarden Euro, die bis 2030 auf den österreichischen Staatshaushalt zukommen, wenn in Sachen Klimaschutz nicht mehr unternommen wird. Die wichtigsten Klimaschutz-Maßnahmen.

Der Ref-NEKP entstand auf Initiative von Gottfried Kirchengast, Helga Kromp-Kolb (BOKU Wien), Karl Steininger (Universität Graz) und Sigrid Stagl (WU Wien), unter der wissenschaftlichen Koordination von Mathias Kirchner (BOKU Wien).