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Thomas Hruschka

"Tragfähig Neues entsteht nur im offenen Diskurs mit den Betroffenen."

Seine Mutter kannte jedes Graserl und Pflanzerl, sein Großvater brachte ihm die Zusammenhänge zwischen Natur und Mensch näher. Kein Wunder, dass sich Ökologie als roter Faden durch Thomas Hruschkas Leben zieht: „Ich habe mein ganzes Leben auf das Thema Nachhaltigkeit geschaut, aber immer aus einer anderen Perspektive: Wissenschaft, Industrie, NGO, Beratung.“ Die gesammelte Erfahrung bringt er seit 2003 als Programmmanager von Oekobusiness Wien ein. Durch das Programm sparen Unternehmen gigantische Mengen an Ressourcen (z.B. 150,8 Mio. Transportkilometer) und 145,6 Mio. Euro Betriebskosten. Das Knowhow wird darüber hinaus international weitergegeben z.B. in Györ (Ungarn), Cork (Irland), Durres (Albanien).

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Foto: oekobusiness-wien-frank-helmrich oekobusiness-wien-frank-helmrich

Das Vertrauen in ihre Arbeit hat sich das Team über viele Jahre erarbeitet. Hruschka: „Wir sind erfolgreich und können immer gut begründen, warum wir etwas machen. Wir haben den Platz und die Freiheit erhalten, das auch zu tun. Als Programmanager braucht man die Stellung eines Hofnarren – ich muss sagen können, was ich mir denke, ohne Blatt vor dem Mund. Reflektiert man das dann und setzt es zur Situation in Beziehung entsteht Neues.“

Zukünftig sollen auch die sozialen und gesellschaftspolitischen Wirkungen des Programms mittels SROI (Social Return on Investment) erfasst werden. Auch über die Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) macht sich Hruschka Gedanken: „Die SDGs fordern uns heraus, unser Silodenken abzulegen. Die unterschiedlichen Abteilungen müssen in einer neuen Art und Weise zusammenarbeiten – die Silos sollen miteinander tanzen. Egal ob in Unternehmen, NGOs, Universitäten oder bei der öffentlichen Hand.“


Die Mutter kannte jedes Graserl und Pflanzerl, und mit dem naturverbundenen Großvater streifte Thomas Hruschka bereits als Kind durch Wald und Feld. Fische und Rehe wurden genauso beobachtet und besprochen wie die Begradigung der vielen Bäche. „Du wirst es noch erleben, wenn wir das alles wieder rausreißen“, ergrimmte sich der Großvater schon damals über die unsinnigen Eingriffe in die Natur. „Dadurch habe ich verstanden, dass Mensch und Natur zusammen gehören“, erzählt Hruschka. „Wenn der Mensch gut leben will, muss die Natur auch leben. Darauf müssen wir aufpassen.“ Das Biologie-Studium war die logische Folge.

Nach seiner Dissertation über Ertragsprognosen im Zusammenhang mit dem Anbau von Energiepflanzen in Österreich und Arbeit als Studienassistent zog es ihn in die Wirtschaft. „Ich wollte etwas Praktisches machen, wo man auch Ergebnisse sieht,“ erklärt Hruschka. Das Baustoffunternehmen Eternit suchte einen Naturwissenschaftler um den Ausstieg aus Asbest zu kommunizieren. Hruschka: „Ich bin mit großen Zweifeln hingegangen und war überrascht, wie offen mir das Unternehmen begegnete.“ Er sah sich den gesamten Produktionsprozess an, nahm an jeder Schicht teil und begleitete den Ausstiegsprozess Stück für Stück. Ganz anders gestaltete sich der Kontakt zu Bürgerinitiativen und NGOs. Obwohl vom Unternehmen alle Daten offengelegt und kommuniziert werden durften wurde Hruschka regelmäßig als Lügner empfangen. „Das war damals echt dramatisch für mich. Ich hatte wochenlang recherchiert und dann wurde alles als Lüge abgetan.“ Statt eines proaktiven Dialogs schlitterte Hruschka immer mehr in eine Verteidigungshaltung. Ergebnis war eine zunehmend restriktivere Kommunikationspolitik des Unternehmens und Hruschka verließ Eternit. „Ich habe sehr viel gelernt in dieser Zeit, vor allem Umgang mit den Menschen im Betrieb, mit NGOs, mit Medien und der Politik. Leider gibt es diese eingegrabenen Bilder‚ die Bösen auf der Industrieseite und die Bösen auf der NGO-Seite‘ noch immer. Das blockiert vieles.“

Aus dieser Zeit nahm er einige Grundsätze mit, die er bei allen weiteren Schritten verfolgte:

  • Das Ganze im Auge behalten.
  • Es braucht immer einen Wahrheitsbeweis. Greenwashing fliegt immer irgendwann auf.
  • Ehrlichkeit in der Kommunikation, auch wenn es mühsam und ein langwieriger Prozess ist, glaubwürdig zu werden-
  • Es gelingt nie alles. Aber man kann immer sagen, was gelungen ist. Damit kommt man am weitesten.

Nach einigen Jahren bei „die umweltberatung“, der Gründung von 17&4 und INSIEME-Consult erhielt er ein unwiderstehliches Angebot: Die Stadt Wien suchte für die Wirtschaftsinitiative Oekobusiness Wien einen externen Programmanger. Hruschka: „Ich habe mein ganzes Leben auf das Thema Nachhaltigkeit geschaut, aber immer aus einer anderen Perspektive: Wissenschaft, Industrie, NGO, Beratung. All diese Erfahrungen konnte ich nun bei Oekobusiness Wien einbringen.“

Durch das Programm haben Unternehmen mittlerweile gigantische Mengen an Ressourcen (150,8 Mio. Transportkilometer, 2,7 Mio m3 Trinkwasser, 126 Tonnen Abfall und 1,5 TerraWattstunden Energie) und 145,6 Mio. Euro Betriebskosten gespart.

Wann bist du zufrieden?

„Ich bin zufrieden, wenn ich mich in den Spiegel schauen kann. Ich will meiner Tochter erzählen können, womit ich mein Geld verdiene, ohne etwas beschönigen zu müssen.

Was sind aktuell die drei größten Highlights deiner Arbeit?

   1. Wenn ich mich auf internationaler Ebene zum Austausch treffe und das ganz konkret ist. In Albanien konnten wir z.B. in einer Hafenstadt das Konzept Oekobusiness Wien etablieren. Heute ist eine Delegation aus Indien da. Das Schöne ist, dass wir nicht nur unser Knowhow weitergeben sondern durch die Fragen der Menschen selbst viel lernen. Es ist ein Geben und Nehmen und ein Austausch auf Augenhöhe.

  2. Wir entwickeln das Konzept von Oekobusiness Wien kontinuierlich weiter und fragen uns, ob man etwas nicht auch anders machen kann. Ergebnis unserer Strategieentwicklung ist, dass wir neue Elemente integrieren – wir wollen, dass z.B. Unternehmen miteinander arbeiten, ohne BeraterInnen. Auf diese Idee wäre ich zunächst gar nicht gekommen, das gelingt nur durch Input von außen und blöde Fragen (lacht).

  3. Ich schätze die Offenheit und Freiheit mit der ich hier arbeiten kann, und das Vertrauen, das uns entgegen gebracht wird.  

Wie ist es gelungen, dieses Vertrauen zu aufzubauen?

Wir haben uns das über die Jahre erarbeitet. Erstens: unser Projekt ist erfolgreich. Zweitens: wir können immer gut begründen, warum wir etwas machen, und drittens haben wir den Platz und die Freiheit erhalten, das auch zu tun. Als Programmanager braucht man die Stellung eines Hofnarren – ich muss sagen können, was ich mir denke, ohne Blatt vor dem Mund. Reflektiert man das dann und setzt es zur Situation in Beziehung entsteht Neues.

Was war dein größter Misserfolg?

Misserfolge gibt es immer. Am schwierigsten war sicher meine Zeit bei 17 & 4 aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit. Mit Abstand lernt man daraus, in der Situation findet man das nicht lehrreich. Da bin ich eher deprimiert bis grantig.

Heute sehe ich, dass ich mein ganzes Leben oft Glück gehabt habe. Wichtig ist, dass man in schwierigen Situation nicht gleich den Kopf verliert, erst mal alles setzen lässt, Vertrauen in sich hat, Optionen sieht und Wege sucht, wieder rauszufinden. Das wird mit der zunehmenden Erfahrung einfacher.

Was ist dein Traum?

Mein Traum ist das, was ich mache. Es fühlt sich nicht nach Arbeit an. Natürlich gibt es auch Situationen, die nicht so lustig sind. Jedenfalls habe ich nicht den Traum, in Pension zu gehen und Weltreisen zu machen. Ich brauche Räume und Möglichkeiten, mich weiterzuentwickeln.

Was ist ein wichtiges Ziel für Wien?

Ich frage mich, wie die Stadt Wien mit den Sustainable Development Goals (SDGs) umgeht, wie sie gelebt werden und wie wir damit arbeiten können. Die SDGs fordern uns heraus, unser Silodenken abzulegen. Die unterschiedlichen Abteilungen müssen in einer neuen Art und Weise zusammenarbeiten – die Silos sollen miteinander tanzen. Egal ob in Unternehmen, NGOs, Universitäten oder bei der öffentlichen Hand.

Was wünscht du dir von der neuen Regierung?

Da bin ich ernüchtert. Was ich mir grundsätzlich wünsche ist, dass die Verantwortlichen nicht nur oberflächliche, kurzfristige Ziele verfolgen, sondern erkennen, dass es dringende, weltweite gesellschaftspolitische und ökologische Probleme gibt und sie endlich die Größe findet, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen.

Was empfiehlst du jungen Menschen?

Das zu tun, was ihnen Spaß macht. Neugierde und der Wille zur Veränderung sind Grundlage für jede Weiterentwicklung. Dazu gehört auch, sich auf Neues einzulassen und bei passenden Situationen zuzugreifen. Die kommen oft nicht mehr.

Wichtig ist es auch, über den Tellerrand zu schauen, viele unterschiedliche Disziplinen kennenzulernen – Künstlerisches, Pädagogisches, Technisches,… Das kann sehr bereichernd sein, es weitet den Blick, eröffnet andere Herangehensweisen, neue Zugänge und schafft Offenheit.

Dr. Thomas Hruschka, MAS

  • Geboren am: 13. Februar 1961.
  • Ausbildung:: Studium der Biologie , Uni Wien, Studium Public Relations, Uni Wien .
  • Berufsweg: Studienassistent Uni Wien, Eternit, „die umweltberatung“, 17&4, INSIEME-Consult. Oekobusiness Wien, Wiener Umweltschutzabteilung.
  • Motto: Tragfähig Neues entsteht nur im offenen Diskurs mit den Betroffenen.