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Was macht Wissenschafter*innen vertrauenswürdig?

Wenn Wissenschafter*innen die Grenzen ihres Wissens anerkennen, vertrauen Menschen ihnen mehr und folgen eher wissenschaftlichen Empfehlungen.

Zwei interkulturelle Forscher*innen beim Untersuchen des Inhalts einer Petrischale. Sie tragen weiße Arbeitskittel, Schutzbrillen und blaue Handschuhe. Der Raum ist hell beleuchtet. Auf dem Glastisch, an dem die beiden tätig sind, stehen weitere Petrischa
Foto: Getty Images/unsplash

Ein internationales Team unter Leitung der Universität Pittsburgh und mit Beteiligung der Universität Wien hat Mechanismen zum Vertrauen in die Wissenschaft untersucht. Durch Umfragen und Online-Experimente konnten sie schließlich zeigen, dass "intellektuelle Bescheidenheit" eine zentrale Rolle spielt. Damit meinen die Studienautor*innen etwa die Bereitschaft der Wissenschafter*innen, eigene Wissensgrenzen anzuerkennen und sich an neue, potenziell widersprüchliche Erkenntnisse anzupassen. Diese Bescheidenheit steigert laut der neuen Studie die Vertrauenswürdigkeit der Wissenschafter*innen in der Gesellschaft. Die Ergebnisse wurden aktuell im renommierten Fachmagazin Nature Human Behaviour veröffentlicht. 

Vertrauen in Forschungsergebnisse ist wichtig, damit sowohl Wissenschafter*innen als auch die breite Öffentlichkeit sich effektiv mit komplexen wissenschaftlichen Informationen auseinanderzusetzen können. Aktuelle Krisen wie der Klimawandel oder die Corona-Pandemie machen deutlich, wie wichtig das Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse ist, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Welche Mechanismen schaffen ein solches Vertrauen? Dieser Frage ist das internationale Team an Psycholog*innen mit Beteiligung von Nina Vaupotič von der Universität Wien nachgegangen. 

Dazu wurden 2.000 Teilnehmer*innen in den USA befragt und in Online-Experimente eingebunden. In einer Umfrage testeten die Psycholog*innen verschiedene Merkmale in Bezug auf das Vertrauen in Wissenschafter*innen und stießen dabei auf die "intellektuelle Bescheidenheit" als einen entscheidenden Mechanismus. Um diese These zu testen, wurden mehrere Experimente durchgeführt. 

Die Teilnehmer*innen bekamen dabei wissenschaftliche Texte vorgelegt, die entweder mit "hoher intellektueller Bescheidenheit", "niedriger intellektueller Bescheidenheit" oder ohne speziellen Stil (Kontrollgruppe) formuliert waren. Für "hohe intellektuelle Bescheidenheit" wurden Formulierungen wie "Dr. Moore is not afraid to admit when she doesn’t yet know something" oder "Dr. Moore changes her position when opposing evidence arises" verwendet. Anschließend bewerteten die Teilnehmer*innen die Vertrauenswürdigkeit der Wissenschafter*innen im Text, ob sie den Forschungsergebnissen vertrauen und ob sie darauf basierenden Empfehlungen folgen würden. 

"Unsere Experimente haben gezeigt, dass die Teilnehmer*innen, die jene Texte lasen, die mit `hoher intellektueller Bescheidenheit‘ formuliert waren, die Wissenschafter*innen und ihre Ergebnisse auch als vertrauenswürdiger bewerten und eher die Bereitschaft zeigten den wissenschaftlichen Empfehlungen zu folgen oder nach weiteren Informationen zum jeweiligen Thema suchten", erklärt die Psychologin Nina Vaupotič  von der Universität Wien. "Am effektivsten erwies sich das Eingeständnis persönlicher Wissensgrenzen von Wissenschafter*innen."

Eine positive Wirkung einer solchen "Bescheidenheit" zeigte sich über verschiedene wissenschaftliche Bereiche wie Medizin, Klima und Psychologie hinweg. Auch bei Wissenschafter*innen unterschiedlichen Geschlechts und ethnischer Herkunft zeigte sich in jedem Fall eine positive Auswirkung. 

Originalpublikation: 
Koetke, J., Schumann, K., Bowes, S. M., & Vaupotič, N. (2024). The effect of seeing scientists as intellectually humble on trust in scientists and their research. Nature Human Behaviour.
DOI: 10.1038/s41562-024-02060-x