Zukunftsperspektiven im Modehandel
Gallup-Studie zeigt: Weiterhin kaufen Konsument*innen gerne stationär ein. Erwartet wird aber innovativer Service.
Das zeigt eine Studie des Gallup-Institut im Oktober und November 2024 im Auftrag des Bundesgremium Handel mit Mode und Freizeitartikel der WKÖ.
Das tatsächliche Kaufverhalten zeigt, dass der Einkauf in Geschäften weiterhin geschätzt wird.
Kleidung wurde „in den letzten 12 Monaten“ zu 38% stationär gekauft, zu 16% online, und 40% taten dies sowohl in Geschäften als auch im Internet. Bei Schuhen sind die Präferenzen für den Einkauf im Geschäft noch stärker ausgeprägt (44% stationär, 16% online, 28% beides). Bei Sportartikeln besteht ebenfalls eine Präferenz für den Einkauf im Geschäft, wenn auch weniger stark ausgeprägt (27% stationär, 17% online, 23% beides). Lederwaren werden insgesamt weniger häufig gekauft: Von jenen Befragten, die in den letzten 12 Monaten Taschen, Accessoires usw. gekauft hatten, hat dies knapp die Hälfte im Geschäft getan, und ein gutes Fünftel online und ein Drittel sowohl online als auch im Geschäft.
„Die Menschen kaufen Mode weiterhin gerne in Geschäften, sie wollen die Ware sehen, angreifen und probieren. Gleichzeitig sehen wir einen Strukturwandel: Der Onlinehandel gewinnt tendenziell an Bedeutung, asiatische Onlineportale drängen auf den Markt, vor allem im Fast Fashion-Bereich. Es ist gerade jetzt wichtig, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, die fairen Wettbewerb für alle Anbieter garantieren“, betont KommR Günther Rossmanith, Bundesobmann des Bundesgremiums Handel mit Mode und Freizeitartikeln.
Einstellung zum Modehandel: Was sich seit Corona verändert hat
Der Einkauf macht 48% der Menschen in Österreich Spaß, nur 23% sehen es als lästige Pflicht. Frauen haben eine positivere Einstellung zum Einkaufen als Männer (52% vs. 41%). Der Vergleich mit 2018 zeigt, dass der Anteil der Shopping-Hedonist:innen um 8 Prozentpunkte zurückgegangen ist, gleichzeitig stieg der Anteil der Indifferenten („Einkaufen macht mir weder Freude, noch empfinde ich es als lästig.“)
Der Einkauf wird also mehrheitlich mit positiven Gefühlen verbunden, allerdings kaufen die Menschen nun weniger häufig ein: Haben 2018 noch 71% der Befragten mehrmals im Monat oder zumindest einmal im Quartal Kleidung gekauft, waren es 2024 nur noch 61%. Bei Schuhen gab es ein Minus von 41% auf 33%, bei Sportartikeln von 34% auf 26%, bei Lederwaren von 14% auf 11%.
Wichtig ist den Menschen, dass Geschäfte und Onlineshop das gleiche Angebot bieten (66%), eine Minderheit von 19% bevorzugt unterschiedliche Angebote in diesen beiden Vertriebsschienen. Der Alltag hat sich aber nicht nur in Bezug darauf geändert, wo gekauft wird. Auch die Wünsche und Anforderungen an das eigene Outfit haben sich durch das Homeoffice geändert (28% stimmen dem sehr zu, 31% stimmen eher zu). Dass Dresscodes „in den letzten Jahren generell an Bedeutung verloren“ haben und man „viel mehr Freiheiten beim Kleidungsstil“ hat, sehen 77% der Befragten so. Bei Frauen ist dieser Anteil höher als bei Männern.
Temu & Co.: Asiatische Onlineportale für Billigmode werden ambivalent gesehen
In diesem veränderten Umfeld drängen asiatische Onlineportale auf den Markt, die vor allem billige Fast Fashion anbieten: Von jenen Konsument:innen, die Mode online kaufen, gibt die Hälfte an, bereits bei einem dieser Händler bestellt zu haben. Der Löwenanteil entfällt auf Temu (31%), Wish und Shein kommen jeweils etwa auf die Hälfte dieses Werts. Gekauft werden vor allem Kleidung, Mode und Schuhe (61%), mit deutlichem Abstand folgen Kleinmöbel und Dekoartikel fürs eigene Zuhause (26%) sowie Handyzubehör/Handys (25%).
Bei den asiatischen Onlineportalen ist die Zufriedenheit mit Service, Qualität und Reklamationsbehandlung mehr als durchwachsen: Mit der Bearbeitung der Reklamation bei diesen Portalen waren 4 von 10 Kund:innen nicht zufrieden. 25% der Käufer:innen hatten weiters Beanstandungen beim Service, 31% bei der Qualität. „Das sind ungewöhnlich hohe Anteile, die wir aus Erfahrungswerten im klassischen Modehandel so nicht kennen“, betont Rossmanith.
Als Argumente gegen einen Einkauf bei Temu & Co. und für den Einkauf im österreichischen Handel werden daher auch am häufigsten „keine Probleme mit Garantie und Gewährleistung“ (77%) sowie die „bessere Qualität der Produkte“ (75%) genannt. Ein weiteres Argument für heimische Händler ist die Tatsache, dass diese „ihre Steuern in Österreich zahlen und hier Arbeitsplätze schaffen“ (67%). Auch unerlaubte Stoffe in Waren, die über asiatische Onlineportale vertrieben werden, machen den Konsument:innen Sorgen, weshalb sie im Zweifel Produkte österreichischer Händler bevorzugen (62%).
Dass ausländische Onlinehändler deutlich weniger Gewinnsteuern als lokale Unternehmen zahlen, obwohl sie hohe Umsätze erzielen, ist den Befragten zwar bewusst. Trotzdem nehmen 45% der Befragten an, dass die meisten Konsument:innen „ohne Gewissensbisse“ weiter auf diesen Plattformen kaufen würden. Als Begründung dafür, solche Käufe zu tätigen, wird angeführt, dass man auf sein Geld achten müsse (35%) und dass einige Produkte nicht bei österreichischen Händlern verfügbar wären (34%). Dennoch gibt ein relativ großer Anteil von 18% an, weniger oder gar nicht mehr auf solchen Plattformen einzukaufen, weitere 13% kaufen prinzipiell nicht online. Schließlich zeigt die Studie auch, dass rund drei Viertel der Befragten befürchten, dass durch ausländische Onlinehändler Arbeitsplätze in Österreich verloren gehen.
Ansprüche an den Modehandel steigen
Weiterhin wird sehr gerne im stationären Handel eingekauft: 34% führen als Grund an, dass sie die Ware probieren, angreifen und anschauen möchten. Je 33% schätzen die große Auswahl und das gute Sortiment sowie die Beratung und den persönlichen Kontakt in den Geschäften. „Der Modeeinkauf im Geschäft bleibt ein Vergnügen für die Kundinnen und Kunden. Sie können die Qualität mit all ihren Sinnen spüren. Es macht einen Unterschied, ob ich ein Kleidungsstück gleich anprobieren oder ein Sportgerät testen kann, oder ob ich mir nur online ein Bild mache. Sehr geschätzt werden die Kompetenz des Personals und das persönliche Gespräch, das in unserer schnelllebigen Zeit an Bedeutung gewinnt“, erklärt KommR Günther Rossmanith.
Bei aller Zufriedenheit mit dem stationären Handel zeigt die Gallup-Studie aber auch, was Konsument:innen ansprechend finden, und was sie sich von den Unternehmen erwarten:
• Händler, die Geschäftslokale und Onlineshops haben, sind ansprechend (87% Zustimmung)
• Die Jüngeren wünschen sich Retailtainment (30% Zustimmung gesamt, 16-30 Jahre: 43%)
• Wartebereiche mit WLAN und Trinkwasser werden geschätzt (63% Zustimmung), ebenso eine „interaktive Umkleidekabine mit magischem Spiegel“ (56%) und Modeexpert:innen, die klassische Beratungsleistungen anbieten können (57%)
Generell liegt der österreichische Handel den Menschen am Herzen: 51% kaufen „bei manchen Produkten“ bevorzugt im heimischen Handel, weitere 31% sagen, sie würden versuchen, „immer so einzukaufen, dass es der österreichischen Wirtschaft zu Gute kommt“.
Forderungen des Modehandels
Um in der Konkurrenz zu asiatischen Online-Plattformen zu bestehen fordert das Bundesgremium Handel mit Mode und Freizeitartikeln der WKÖ von der EU:
- Eine Abschaffung der 150 Euro Zollfreigrenze, denn in der Praxis werden von asiatischen Online-Plattformen oftmals nur Pakete mit einem Wert von unter Euro 150 versendet, wobei einzelne Bestellungen „gestückelt“ werden.
- Ausweitung der Haftung dieser Online-Plattformen für die Zollabgabe und die Einfuhrumsatzsteuer, unabhängig vom Bestellwert.
- Übernahme der Verantwortung der Online-Plattformen, dass die in der EU geltenden Umwelt-, Sicherheits- und Ethikstandards eingehalten werden.
Informationen zur Studie
Für die Studie „Modehandel: Einkaufsverhalten und Zukunftsperspektiven“ wurden 1000 Personen in Österreich befragt, sie ist repräsentativ für die heimische Wohnbevölkerung im Alter von 16 bis 75 Jahren.