Klimapolitik der neuen Regierung
Ein Überblick von Kontext über Absichten und Maßnahmen.
DIE WICHTIGSTEN 8 KLIMAPOLITISCHEN PUNKTE IM ÜBERBLICK
Verankerung von Klimazielen im Klimagesetz
Einordnung: Die kommende Regierung bekennt sich zu den EU-Klimazielen und will die notwendige Emissionsreduktion mit einem Klimagesetz rechtlich verbindlich festlegen. Klimaneutralität 2040 als explizites Ziel wird jedoch nur im Zusammenhang mit der Erstellung eines Klimafahrplans erwähnt. Hier bleibt unklar, ob die neue Regierung weiterhin ambitioniert bleibt. Neben der jährlichen Obergrenze für Emissionen müssen jedenfalls zusätzlich sektorspezifische Ziele festgelegt werden.
Punkte im Regierungsprogramm:
- Bekenntnis zu den Zielsetzungen des Green Deals und der Umsetzung der Rechtsakte des Fit for 55-Pakets
- Klimaneutralität 2040 wird lediglich im Rahmen eines Klimafahrplans, der auf das Klimagesetz folgen soll, erwähnt
- Klimagesetz soll beschlossen werden und sowohl jährliche Obergrenzen für Emissionen festlegen, sowie eine interministerielle Steuerungsgruppe und Korrekturmechanismen bei Überschreitung der jährlichen Obergrenzen
- In einem Klimafahrplan sollen auch Sektorziele festgeschrieben werden, es bleibt unklar wie verbindlich dieser Fahrplan ist
- Klimachecks sollen im Rahmen der wirkungsorientierten Folgenabschätzung (WFA) etabliert werden
Zusätzlich notwendig:
Festschreibung des Ziels der Klimaneutralität 2040 und von verbindlichen Reduktionspfaden samt Sektorzielen im Klimagesetz
Ausbau von erneuerbaren Energien, Speichern und Netzen
Einordnung: Die neue Regierung setzt beim Ausbau der Erneuerbare Energien wichtige gesetzliche Prioritäten: Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) sollen noch vor dem Sommer 2025 beschlossen werden. Damit können Netze und Erneuerbare Energien schneller ausgebaut und flexibler genutzt werden. Das Nadelöhr für den Ausbau der erneuerbaren Energien bleiben jedoch die Bundesländer, die genügend Flächen dafür ausweisen müssen. Zusätzlich ist es notwendig personelle Ressourcen für Genehmigungsverfahren zu erhöhen.
Punkte im Regierungsprogramm:
- Bereits gültig: EAG-Ziel: 100% erneuerbarer Strom bis 2030, REDIII-Ziel: 42,5% erneuerbare Energien im Endverbrauch bis 2030
- Bekenntnis zur vollständigen REDIII-Umsetzung
- EABG, ElWG, EGG-Umsetzung sollen prioritär bis Sommer 2025 umgesetzt werden
- EGG-Zielwert für den Ausbau Grüner Gase: 6,5 TWh/a bis zum Jahr 2030
- EAG-Novellierung: Höhere Fördereffizienz, Energieverträge, EU-Strommarktdesign
- Fachkräfteoffensive für Jobs der Energiewende
Zusätzlich notwendig:
- Klares Bekenntnis zum vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien
- Ausweisung von genügend Flächen durch Bundesländer
- Kapazitäten und personelle Ressourcen für Genehmigungsverfahren erhöhen
Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen im Bestand
Einordnung: In Österreich gibt es noch 1,4 Millionen Öl- und Gasheizungen. Im Regierungsprogramm wird das Ziel festgelegt die Emissionen im Gebäudebereich auf Null zu reduzieren und die Wärmewende gesetzlich zu regeln. Dazu wäre ein Erneuerbaren-Wärme-Gesetz notwendig, das ein fixes Enddatum für alle fossilen Heizsysteme im Bestand festlegt. Im Regierungsprogramm werden Ölheizungen jedoch nicht explizit erwähnt und auch ein klares Ausstiegsdatum fehlt. Allerdings soll eine Möglichkeit zur Gasnetzstilllegung geschaffen werden. Das ist zentral, um Netze rückzubauen und so die Kosten für die Verbraucher:innen zu stabilisieren.
Punkte im Regierungsprogramm:
- Ziel im Gebäudebereich Emissionen auf Null zu reduzieren Regulatorischer Rahmen für den Umstieg von Gasheizungen soll geschaffen werden, Öl-Heizungen und ein konkretes Ausstiegsdatum werden offen gelassen
- Umsetzung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie, konkrete Maßnahmen für die verstärkte Sanierung von Gebäuden bleiben weitgehend offen
- Umsetzung des EU-Gaspakets (GWG) und Schaffung der Möglichkeit von Gasnetzstilllegungen
Zusätzlich notwendig:
- Gesetzlich festgelegtes Ausstiegsdatum für Öl- und Gasheizungen im Bestand
- Konkrete Maßnahmen für Sanierung von Gebäuden
- Förderungen für den Heizkesseltausch erhalten, um Umstieg zu erleichtern
Ökologisierung klimaschädlicher Subventionen
Einordnung: Die Ökologisierung der klimaschädlichen Subventionen entlastet den Staatshaushalt und reduziert den Treibhausgasausstoß – ist also ein Win-Win für Klima und Budget. Unklar bleibt im Programm, wann die entsprechenden Reformen kommen und wie sie aussehen sollen. Je früher diese Maßnahmen erfolgen, desto mehr Steuergeld kann eingespart und Emissionen vermieden werden. Allein mit der Reform von Pendlerförderung, Dienstwagenprivileg und Dieselprotektionismus könnte der Staatshaushalt jährlich um über einer Milliarde Euro entlastet werden.
Punkte im Regierungsprogramm:
- Klimaschädliche Subventionen sollen schrittweise ökologisiert werden
Zusätzlich notwendig:
- Klarer Zeitplan und Konkretisierung welche Subventionen in welcher Form ökologisiert werden
Nachhaltige Mobilität
Einordnung: Im Mobilitätskapitel spricht die neue Regierung von „Technologieoffenheit“ und bringt damit ineffiziente Technologien zurück in eine geklärte Debatte. Im Mobilitätsbereich ist wissenschaftlich klar: E-Autos sind deutlich effizienter als mit Wasserstoff oder E-Fuels betriebene Fahrzeuge. Hier braucht es vor allem Technologieklarheit, um wertvolle Energiequellen wie Wasserstoff, gezielt dort einzusetzen, wo sie wirklich gebraucht werden: in der Industrie. Das Ziel den Import von fossilen Treibstoffen zu reduzieren, ist gut, der Fokus sollte jedoch klar auf die Elektrifizierung und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs gesetzt werden. Der öffentliche Verkehr soll, laut Regierungsprogramm, zwar ausgebaut und stufenweise dekarbonisiert werden, konkrete Ziele und Pläne werden jedoch nicht genannt. Die Beibehaltung eines leistbaren Klimatickets ist positiv.
Punkte im Regierungsprogramm:
- Stufenweise Dekarbonisierung und Ausbau von öffentlichem Verkehr, Reduktion der Abhängigkeit vom Auto am Land
- Attraktivierung von Rad- und Fußgängerverkehr, Erhöhung des Radverkehrsanteil von sieben auf 14 Prozent – ohne Zieljahr
- Beibehaltung eines leistbaren Klimatickets
- Weiterführung & Finanzierung des ÖBB-Rahmenprogramms
- 30 Millionen Euro für die Verlagerung des Transports auf die Schiene im Jahr 2026, zusätzlich 60 Millionen Euro im Jahr 2027, Forcierung auf verstärkte europäische Zusammenarbeit und Harmonisierung
- Verringerung von Importen fossiler Treibstoffe und Ökologisierung von Antriebstechnologien
- „Technologieoffenheit“ soll bei der Mobilität forciert werden – inklusive der Nutzung von Wasserstoff, erneuerbaren Kraftstoffen und E-Fuels, die aber gerade im Individualverkehr ineffizient sind (der Wirkungsgrad von E-Fahrzeugen liegt bei 81 Prozent, jener von Wasserstoff nur bei 26 Prozent, jener von E-Fuels bei 14 Prozent)
Zusätzlich notwendig:
- Technologieklarheit in der Mobilität: Fokus auf öffentlichen Verkehr und E-Mobilität
- Konkrete Ziele beim Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und ihrer Dekarbonisierung
- Klares Bekenntnis zur Reform klimaschädlicher Subventionen im Verkehr
Förderung von Zukunftstechnologien
Einordnung: Die Regierung spricht von Schlüsseltechnologien für Wertschöpfung und Arbeitsplätze, bleibt jedoch unkonkret. Wichtige Zukunftstechnologien wie Speichertechnologien, erneuerbare Energien und Wärmepumpen, oder auch Technologien zur Elektrifizierung der Industrie werden nicht explizit erwähnt. Hier braucht es eine klare Fokussierung und Priorisierung für den gezielten Auf- du Ausbau effizienter, bereits marktreifer Lösungen.
Punkte im Regierungsprogramm:
- Fokus auf „Schlüsseltechnologien“, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen – aber kein Fokus auf Zukunftstechnologien, keine Erwähnung des strategischen Ausbaus der Produktion bzw. der zugehörigen Industriezweige für Zukunftstechnologien
Zusätzlich notwendig:
- Priorisierung besonders effizienter, marktreifer Zukunftstechnologien wie erneuerbaren Energieträgern, Wärmepumpen, Speichertechnologien und Technologien für die Elektrifizierung der Industrie für langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit
Elektrifizierung der Industrie
Einordnung: Die Elektrifizierung der Industrie ist einer der größten Hebel für ihre Dekarbonisierung. Trotz hoher Priorität des Industriesektors im Regierungsprogramm und der Planung einer Industriestrategie bis Ende 2025 wird ihre Elektrifizierung nicht konkret thematisiert. Ein starker Fokus wird hingegen auf CO2-Speichertechnologien gelegt, welche für Sektoren, die Klimaneutralität schwer erreichen können, verstärkt mitgeplant werden sollen. Ein klares Bekenntnis, dass CO2-Speicherung immer nur als letzter Hebel, nicht jedoch anstelle von tatsächlicher CO2-Reduktion verwendet werden muss, fehlt allerdings.
Punkte im Regierungsprogramm:
- Erstellung einer Industriestrategie bis Ende 2025, Elektrifizierung der Industrie fehlt als Prioritä
- Weiterführung des Transformationsfonds als Teil der Industriestrategie
- Fokus auf CO2-Speichertechnologien (CCS & CCU): Aufhebung des Verbots von CO2-Speicherung, stärkere Berücksichtigung von CCS & CCU für “Hard-to-abate"-Sektoren in gesamtstaatlichen Planungen
Zusätzlich notwendig:
- Priorisierung und spezifische Maßnahmen für die Elektrifizierung der Industrie
- Klare Priorisierung der Reduktion von Emissionen und den Einsatz von CCS & CCU ausschließlich für Sektoren, die nicht anders vollständig dekarbonisieren können
Stärkung der Kreislaufwirtschaft
Einordnung: Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft schafft strategische Unabhängigkeit von kritischen Rohstoffen. Das Regierungsprogramm betont diese Aspekte richtig und stellt wichtige Maßnahmen in Aussicht. Gesetze und Vorschriften, die zirkuläre Geschäftspraktiken behindern, sollen reformiert werden, zum Beispiel im Abfallrecht. Das ist zentral, um Abfälle als Sekundärrohstoffe weiterverarbeiten zu können und sie nicht mehr zu benachteiligen. Da Europa und auch Österreich bei vielen Metallen und kritischen Rohstoffen keine eigenen Vorkommen hat, ist dies ein wichtiger Schritt, nicht nur für mehr nachhaltige Produktion, sondern auch für die Verringerung von Abhängigkeiten. Wichtig ist hier vor allem, dass bereits verwendete kritische Rohstoffe nicht als Abfall exportiert, sondern weiterverwendet werden.
Punkte im Regierungsprogramm:
- Unabhängigkeit im Bereich strategisch wichtiger Primär- und Sekundärrohstoffe (Kreislaufwirtschaft) soll forciert und ein Fokus auf Diversifikation, Lagerhaltung, Abbau und Recycling gelegt werden
- Benachteiligung von Sekundärrohstoffen (Abfall / recycelten Materialien) gegenüber Primärrohstoffen soll beendet werden
- Reform von Gesetzen und Vorschriften, die zirkuläre Geschäftspraktiken/-modelle behindern (z.B. im Abfallrecht, den Normen für Produktion und Gewerbe und die Sharing Economy)
- Bewusstseinsbildung durch zielgerichtete Informationskampagnen
- heimische Bauwirtschaft soll Vorreiter bei den Gebäuden der Zukunft (Circular Buildings) werden
- Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich Kreislaufwirtschaft
Zusätzlich notwendig:
- Exportvermeidung von kritischen Rohstoffen-Abfällen, speziell bei seltenen Erden