Nachhaltige Gestalter*innen 2017
Ungewöhnliche strategische Kooperationen - das zeichnet die Nachhaltigen GestalterInnen Österreichs 2017 aus.
Sie geben ihr Gewissen nicht an der Bürotüre ab. Und sie haben eine Vision – eine grüne Erde, auf der alle Menschen gut leben können. Das ist ihr Kompass und Ansporn, neue Wege zu finden und ihr Unternehmen erfolgreich zu führen.
Die Nachhaltigen GestalterInnen 2017 zeichnet zudem aus, dass sie ungewöhnliche strategische Kooperationen eingehen – zum Beispiel mit Mitbewerbern (Max Schachinger), mit internationalen Partnern (Hubert Rhomberg, Ernst Gugler), entlang der Lieferkette (Martin Wesian), mit Wissenschaft oder NGOs. Lassen Sie sich von Ihnen inspirieren!
Nachhaltige Meilensteine
1. Max Schachinger, Council für nachhaltige Logistik (CNL): Schachinger ist der Motor für eine nachhaltige Logistik in Österreich. Er gründete 2013 das Konsortium Council für nachhaltige Logistik (CNL) um Innovationen und Rahmenbedingungen für nachhaltige Logistik mit Kraft voranzutreiben. Es gelang ihm, gestandene Logistiker, die täglich schnell gekonnt auf Herausforderungen reagieren, zu einem Geist von vorausschauendem, nachhaltig beseeltem Handeln und Kooperieren zu bringen. Ergbnis wird die erste vollelektrisch angetriebene LKW-Flotte Europas sein, die Anfang 2018 das Werk verlassen wird. Mehr über Max Schachinger.
2. Hubert Rhomberg, CREE/Rhomberg Bau: Das Holz-Hybrid-System CREE von Rhomberg zeigt was Smart Building heißen kann: bis zu 100 Meter hohe Gebäude aus Holz, die als digitale Zwillinge vorgeplant und entlang des gesamten Lebenszyklus‘ optimiert werden, dann seriell vorgefertigt und kostengünstig, ressourcen-, lärm- und schmutzsparend innerhalb kürzester Zeit im urbanen Raum errichtet. Smart Building at it’s best. Mehr über Hubert Rhomberg.
3. Martin Wesian, Helioz: Österreichische Initiative, die mit einfacher Technologie mittels UV-Strahlen Wasserdesinfektion (v.a. in armen Ländern) ermöglicht. Einfach, kostengünstig und umweltfreundlich. WHO-geprüft. Mehr über Martin Wesian.
4. Frank Hensel, Tanja Dietrich-Hübner, REWE, Gábor Wichmann, BirdLife, Ronald Würflinger, Blühendes Österreich: 60 Prozent der artenreichen Blühwiesen sind in den letzten drei Jahrzehnten verschwunden, üdie Hälfte der heimischen Schmetterlingsarten ist gefährdet. Sterben bestimmte Arten aus, kann das gravierende Auswirkungen auf unsere Nahrungsgrundlage haben. Die Initiative Blühendes Österreich setzt sich für den Erhalt der heimischen Artenvielfalt ein. Mehr über Frank Hensel, Tanja Dietrich-Hübner, REWE, Gábor Wichmann, BirdLife, Ronald Würflinger, Blühendes Österreich.
5. Ernst Gugler, gugler*: gugler* hat 2017 Österreichs erstes C2C-inspirierte Plusenergie Gebäude gebaut. Ausgezeichnet von der Österr. Gesellschaft für nachhaltiges Bauen mit 900 Punkten. Das Besondere: konstruktiver Holzbau, 95% der Materialien sind recycelbar und 25 % hatten bereits ein Vorleben (Dämmung mit eigenen C2C-Papierabfällen, Reyclingbeton,...). 148 kWp PV Anlage, Heizung mit der Abwärme der Druckmaschinen und Biodiversitätsmaßnahmen sowie Permakultur-Elemente runden das ganzheitliche Engagement ab. Mehr über Ernst Gugler.
5. Andreas Lechner, Joseph Kap-herr, Matthias Lovrek, Sindbad: 35 % der Jugendlichen mit Pflichtschulabschluss sind arbeitslos, 25 % der Lehrlinge brechen ihre Berufsausbildung vorzeitig ab, Unternehmen klagen über mangelnde Bewerberqualität und -quantität. Das will das Social Start Up Sindbad mit Hilfe eines zweijährigen 1 : 1 Mentoringprogramm zwischen jungen Berufstätigen/Studierenden (Mentoren) und SchülernInnen (Mentees) aus bildungsbenachteiligten Lebenswelten ändern. Derzeit werden mehr als 200 SchülerInnen betreut. Mehr über Andreas Lechner, Joseph Kap-herr, Matthias Lovrek, Sindbad. Und hier gehts zum Sindbad-Video.
Ökologische Meilensteine
- Herwig und Waltraud Pecoraro, Acetaia Pecoraro: Denken in Generationen: Das Wissen über die Herstellung von AcetoBalsamico wird in Italien nach alter Tradition von Generation zu Generation weitergegeben – so auch in der Familie Pecoraro in Klosterneuburg. Sechs bis 15 Jahre reift ihr Balsamico bis sie ihn uns verkaufen. Verarbeitet werden ausschließlich Bio-Säfte, die regional angebaut wurden. Vom Produkt bis zur Verpackung werden umweltfreundliche und wiederverwertbare Materialien verwendet. Mehr über Familie Pecoraro.
- Simon Tragatschnig, Patrick Gaubatz, Codewerkstatt: Kaum eine gesetzliche Änderung war so umstritten wie die Einführung der Registrierkasse. Kritik kam auch von nachhaltigen Unternehmen: bürokratisch und unnötiger Verbrauch von Tausenden Tonnen bisphenolhaltigem Thermopapier. Tragatschnig hat dafür eine Lösung entwickelt: Seine papierlose Registrierkasse obono ist digital, zuverlässig, unkompliziert und vom Finanzamt akzeptiert. Mehr über Simon Tragatschnig, Patrick Gaubatz.
- Michael K. Reiter, Manfred Hlina, Sabine Brunnmair, Michael Guggenberger, Die Fairmittlerei:„Verwenden statt verschwenden“ ist das Motto der vier engagierten jungen Menschen. Sie vermitteln gebrauchsfähige Sachspenden aus dem Non-Food-Bereich von ProduzentInnen und Handel an gemeinnützige Organisationen. 2017 konnten rund 2,5 Tonnen an verschiedene soziale Einrichtungen geliefert werden. Mehr über Michael K. Reiter, Manfred Hlina, Sabine Brunnmair, Michael Guggenberger.
- Sarah Reindl, Verena Kassar, das Gramm: Das Gramm ist Einkaufsladen, Cafe und Beisl in einem. Verpackungsloser Einkauf, regional, großteils bio, kein Abfall. Kurz gesagt: Man bekommt alles was man für einen Zero-Waste-Lifestyle braucht. Mehr über Sarah Reindl, Verena Kassar.
- Robert Kovacs, Tischlerei Kovacs: Die Tischlerei hat eine externe, umfassende Nachhaltigkeitsbewertung aller erzeugten Produkte durchgeführt. Analysiert wird dabei der komplette Lebenszyklus, beginnend bei den Rohstoffen, über die Produktion, den Vertrieb, die Nutzung bis hin zur Entsorgung (insgesamt 63 Indikatoren). So kann der Kunde selbst entscheiden wie nachhaltig das gewünschte Möbelstück sein soll und kann zwischen der Auszeichnung „Gold“, „Silber“ und „Bronze“ wählen. Mehr über Robert Kovacs.
- Hildegard Aichberger, ORF: Der ORF hat die Initiative MUTTER ERDE gemeinsam mit den heimischen Umweltschutz-NGOs etabliert. Dadurch konnte ein Millionenpublikum mit Nachhaltigkeitsthemen erreicht werden. Allein die letzte MUTTER ERDE-Schwerpunktwoche zum Klimaschutz erreichte beinahe vier Millionen Seherinnen und Seher. Mehr über Hildegard Aichberger.
- Selina Kolland, John Lueftner, Superfilm: Sie sind die Nachhaltigkeitspioniere der Filmbranche und haben anhand des Drehs des ORF Landkrimis „Höhenstraße“ den Kriterienkatalog für die Österreichische Umweltzeichen Richtlinie für „Green Producing“ auf Umsetzbarkeit getestet und in der Praxis realisiert. „Höhenstraße“ ist somit der erste österreichische Film, der grün produziert wurde. Mehr über Selina Kolland, John Lueftner.
- Günter Wittek: Erster Umweltzeichen Kachelofen, erster Umweltzeichen Holzherd, erster zertifizierter Passivhaus Handwerker, erster Hafnerbetrieb mit prämierten Nachhaltigkeitsbericht, erster Hafnerbetrieb mit ISO26000. Nächstes Ziel: erster CO2-neutraler Hafner. Nicht schlecht, denn das sind 50 Tonnen pro Jahr! Mehr über Günter Wittek.
Soziale Meilensteine/Netzwerke
- Gerold Hubmer, Michaela Russmann, Simon Ziegler, die BiowirtInnen: 2016 haben sich engagierte BiowirtInnen zusammengeschlossen um Bio in der Gastronomie zu steigern. Mitglied darf jeder gastronomische Betrieb in Österreich werden, wenn der zertifizierte Bioanteil mindestens 60% erreicht hat und innerhalb der darauffolgenden drei Jahre auf 100 % Bio umgestellt wird. Ganz im Sinne von Umwelt, Gesundheit und Transparenz. Mehr über Gerold Hubmer, Michaela Russmann, Simon Ziegler.
- Simon Meinschad, hollu Systemhygiene: Das Unternehmen hollu Systemhygiene ist seit Jahren Vorreiter in der umweltfreundlichen Reinigung und vielfach zertifiziert und ausgezeichnet Für Geschäftsführer Simon Meinschad endet die unternehmerische Verantwortung jedoch nicht beim Werkstor, er engagiert sich u.a. in seinem regionalen Umfeld für die nachhaltige Entwicklung des Gewerbegebietes in Zirl. So wurde eine Anbindung an das Bussystem geschaffen, Rad- und Fußwege errichtet, der Einsatz erneuerbarer Energie forciert und die Kinderkrippe Schlumpfhausen zur Betreuung für 1bis 3-jähriger Kinder gegründet. Mehr über Simon Meinschad.
- Dagmar und Georg Kotzmuth, dahir: Dagmar und Georg Kotzmuth verwalten Häuser. Das wäre an sich noch nichts besonderes, wenn da nicht ein anderer Zugang zu den MieterInnen wäre. Viele Liegenschaften befinden sich in schwierigen städtischen Lagen, die von benachteiligten Menschen bewohnt werden. Um erfolgreich zu sein rücken die Kotzmuths die MieterInnen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit: Durch intensive Kommunikation wird ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und gemeinsam neue Rollen innerhalb der Liegenschaft entwickelt. MieterInnen werden zu HausbetreuerInnen, Integrationslotsen und Vermittlern. So gelingt es sichere Wohnmöglichkeiten für benachteiligte Gruppen zu schaffen und die Kosten für Instandhaltung, Mahnwesen etc. zu minimieren. Mehr über Dagmar und Georg Kotzmuth.
- Marisa Mühlböck, Taktile Gesundheitsvorsorge - Discovering Hands: Blinde Frauen können mit ihren herausragenden taktilen Fähigkeiten schon kleinste Knoten in der Brust erkennen. Die Vorsorgeuntersuchung nach der discovering hands-Methode findet in angenehmer Atmosphäre statt und ist weitgehend schmerzfrei. Das niederschwellige Angebot ist außerdem besonders gut geeignet, Frauen mit Migrationshintergrund anzusprechen. Zudem werden neue Jobs geschaffen. In Deutschland ist diese Methode bereits etabliert. Marisa Mühlböck versucht nun die Anerkennung des Berufsbilds der Medizinischen Tastuntersucherin in Österreich zu erreichen. Mehr über Marisa Mühlböck.
Ökonomische Meilensteine
- Doris Ploner, Die Käsemacher: Doris Ploner hat das Waldviertler Unternehmen, das für handwerkliche Tradition, Liebe zur Natur und Leidenschaft fürs Käsemachen steht, nach einem Konkurs 2013 übernommen und wieder fit gemacht. 50 Schaf- und Ziegenbauern aus der Region beliefern das Unternehmen mit frischer Milch. In der Käsemacherwelt in Heidenreichstein werden daraus Käsespezialitäten und Antipasti Variationen hergestellt. Der Schaubetrieb lockt jährlich 40.000 Besucher an. Mehr über Doris Ploner.
- Armand Colard, ESG Plus: Colard ist ein Vorkämpfer für nachhaltiges Investment. Er hat ein Investmentbewertungsmodell unter Mitwirkung von 70 Nachhaltigkeits-Experten aus 40 Organisationen für und mit dem WWF entwickelt, das heute z.B. von der Allianz und der Erste Bank verwendet wird und in den letzten beiden Jahren mehr als 500 Millionen Euro von nicht-nachhaltigen in klimafreundliche und sozialverträgliche Investitionen umgeschichtet hat. Colard ist zudem Mitinitiator und Mitglied der Divestment Austria Initiative. Mehr über Armand Colard.
Lebenswerk
- Josef Riegler, Ökosoziales Forum: Riegler gilt als Vater der Ökosozialen Marktwirtschaft und als Vorreiter bei der Umsetzung der Ökosozialen Marktwirtschaft in die politische Praxis in Österreich. Die Ökosoziale Marktwirtschaft ist ein Wirtschaftsmodell, das die Nachhaltigkeitssäulen Wirtschaft, Soziales und Umwelt gleichwertig miteinander verbindet. Bereits Ende der 1980er Jahre hat Riegler dafür plädiert, marktwirtschaftliche Instrumente für Umweltschutzanliegen zu nutzen. Kostenwahrheit und konsequentes Verursacherprinzip sind dabei die Leitprinzipien. Nach seiner Zeit als aktiver Politiker gründete Riegler 1992 das Ökosoziale Forum Österreich und 2001 das Ökosoziale Forum Europa. Zudem setzt er sich im Rahmen des "Global Marshall Plan für eine weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft” für eine global gerechte Gesellschaft ein. Mehr über Josef Riegler.
- Ulrike Gelbmann, Karl-Franzens-Universität Graz: Wie wirkt sich unser Handeln auf die Umwelt und Gesellschaft aus? Das erforscht Ulrike Gelbmann seit Jahren an der Uni Graz. Besonders wichtig ist ihr dabei, dass ihre StudentInnen die Erkenntnisse in der Praxis umsetzen und für BürgerInnen verständlich aufbereiten. Dazu wird dann schon einmal ein mehrfach ausgezeichnetes (Lebensmittel-) Restlfest organisiert oder Aspekte des „Globalen T-Shirts“ in Social Media und auf einem Fair Fashion Fest an eine breite Öffentlichkeit vermittelt. Seit 2016 ist sie Vorsitzende des Studiums Global Studies, das sich kritisch mit globalen Herausforderungen auseinandersetzt und ein integratives Verständnis, Handlungskompetenz und die Übernahme von Verantwortung für die globale Gesellschaft, ihre Mechanismen, Interdependenzen und Probleme ermöglicht. Mehr über Ulrike Gelbmann.
- Wilhelm Himmel, Stmk. Landesregierung: „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt. Der andere packt kräftig an und handelt.“ Mit diesem Zitat beschreiben seine MitarbeiterInnen Wilhelm Himmel. Er war 15 Jahren Visionär, Vorkämpfer, Ideenbringer und der „Hans Dampf“ in Sachen „Abfallwirtschaft und Nachhaltigkeit“ in der Steiermark. Sein letzter Meilenstein könnte die Steiermark zum SDG Vorreiter machen: die steirische Landesregierung hat sich zur Agenda 2030 bekannt Durch eine Verknüpfung der SDGs mit der wirkungsorientierten Haushaltsführung wird eine einfache Implementierung in der Landesverwaltung ermöglicht. Mehr über Wilhelm Himmel.
- Sylvia Brenzel, plenum: Sylvia Brenzel begründete und leitet seit vielen Jahren die großen Lerngänge der plenum Akademie wie etwa „Pioneers of Change“ und „Quint.Essenz – Meisterklasse für Nachhaltigkeit“. Dabei unterstützte sie weit über 300 Personen, um soziale Innovationen und zukunftsfähige Projekte in die Welt zu bringen. In einer Studie von FAS Research und Ashoka wurde sie als eine der wichtigsten weiblichen Change-Makerinnen Österreichs identifiziert. Mehr über Sylvia Brenzel.
- Thomas Hruschka, OekoBusiness Wien: Ökologie zieht sich als roter Faden durch sein ganzes Leben. Seit 2003 ist er Programmmanager des OekoBusinessPlan Wien im Auftrag der Umweltschutzabteilung der Stadt Wien. Nicht nur, dass Unternehmen durch das Programm gigantische Mengen an Ressourcen sparen (z.B. 150,8 Millionen Transportkilometer und damit 145,6 Mio. Euro Betriebskosten, das Know-how wird auch international weitergegeben z.B. Györ (Ungarn) Cork (Irland), Durres (Albanien). OekoBusinessWien wird in Zukunft mittels SROI (Social Return on Investment) neben den harten Fakten der CO2-Energie- und Ressourceneinsparung auch die sozialen und gesellschaftspolitischen Wirkungen des Programms erfassen. Mehr über Thomas Hruschka.
- Marie Ringler, Ashoka: Ashoka unterstützt weltweit mehr als 3600 Social Entrepreneure, die mit ihrer Idee zur Lösung eines gesellschaftlichen Problems beitragen. Innovationen sollen dort unterstützt werden, wo sie gebraucht werden. Damit trägt die Organisation zu einem guten Leben in mehr als 90 Ländern bei. Ringler baut Ashoka seit 2011 in Österreich und Osteuropa auf und ist seit 2015 Europadirektorin. Mehr über Marie Ringler.
Mehr über die Wahl der Nachhaltigen GestalterInnen 2017 - Procedere & Jury
Zu den Nachhaltigen GestalterInnen 2009 bis 2016
Fotos: CSR-Circle-Arthur-Michalek