Austria Glas Recycling und die SDGs
Seit 40 Jahren wird in Österreich Glas recycled. Das runde Jubiläum nahm das Unternehmen zum Anlass, sich intensiv mit der Zukunft auseinanderzusetzen - mit den Sustainable Development Goals der UNO.
Bei der Geburtstagsfeier wurde „Future in Glass“ präsentiert, eine Publikation, die basierend auf den Sustainable Development Goals der UN (SDGs) die nachhaltigen Entwicklungsziele für Österreichs Glasrecyclingsystem definiert und Wege aufzeigt, wie diese gemeinsam mit den Partnerunternehmen, sowie Verwaltung und Gesetzgebung erreicht werden können. Wir haben nachgefragt:
BUSINESSART: Was war die Motivation, die Austria Glas Agenda 2030 zu schreiben
Monika Piber Maslo, Öffentlichkeitsarbeit Austria Glas Recycling: Glasrecycling ist ein wertvoller Beitrag zum Umweltschutz. Das Geschäftsmodell der Austria Glas Recycling entspricht einer nachhaltigen Wirtschaftsweise:
- Die finanziellen Mittel dienen ausschließlich der Organisation des österreichischen Glasrecyclingsystems. Dank Non-Profit-Status fließen Überschüsse immer ins System zurück.
- Unser Kerngeschäft ist umweltfreundlich. Dank Umweltmanagementsystem ist die kontinuierliche Verbesserung unserer Umweltleistungen vollkommen integriert.
- Erfolg wird gemessen in Sammelmengen und Recyclingquoten. Der volkswirtschaftliche Nutzen zählt mehr als kurzfristiger Finanzgewinn.
Austria Glas Recycling versteht sich als verantwortungsvolles Unternehmen, als proaktiver Gestalter im Sinne der Corporate Social Responsibility 3.0. Im Grünbuch ‚Best in Glass‘ legten wir bereits im April 2014 dar, worauf es ankommt, Glasrecycling nachhaltig – also vorteilhaft und zukunftstauglich sowohl für Gesellschaft und Volkswirtschaft als auch Gewerbe und Industrie – zu gestalten. Zudem ist Glasrecycling gewissermaßen die Mutter von Circular Economy, die zum Ziel hat, mit Ressourcen so sparsam wir möglich umzugehen. Die Veröffentlichung der SDGs nahmen wir zum Anlass, unseren Fokus noch breiter werden zu lassen und auf den bereits innerhalb der Glasrecyclingbranche erarbeiteten Nachhaltigkeitsstandards aufzusetzen. Dies entspricht ganz und gar unserer Unternehmensvision.
BUSINESSART: Wie ist der Prozess zur Implementiertung der SDGs abgelaufen?
Alfred Strigl, plenum: Wir haben die 17 Ziele und 169 Unterziele der SDGs sorgfältigen nach ihrer Relevanz und Wesentlichkeit für Austria Glas Recycling und ihre Tätigkeiten bewertet. Wir haben mehr als 1.200 Stakeholder online nach ihrer Einschätzung zu den 17 Zielen befragt. Dann haben wir in einem unternehmensinternen Bewertungsprozess die für uns relevanten Ziele herausgearbeitet. In zwei Sustainability Future Councils konnten wir so die Meinungen und Empfehlungen unsere Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner erfahren. Und schließlich haben wir Menschen mit ausgewiesener Nachhaltigkeitsexpertise zu einem dritten Future Council eingeladen, um mit uns vor allem den Blick nach vorne auf das Jahr 2030 zu richten und um unsere Vision und unser Zielbild zu schärfen. Herausgekommen ist die Austria Glas Agenda 2030, die alle Akteure im Glasrecyclingsystem betrifft: ein Dokument und Arbeitsprogramm, das auf unseren Aktivitäten aufbaut und diese in einen neuen, größeren Zusammenhang stellt – nämlich der Erreichung von mehr Bildung und Gesundheit, nachhaltigen Lebensstilen, Infrastrukturen, Regionen und Städten, Klimaschutz, mehr Gerechtigkeit und Kooperation auf diesem Planeten. Damit sind wir unter den ersten Unternehmen in Österreich.
BUSINESSART: Wie haben die Partner auf die Arbeit mit den SDGs reagiert?
Pieber-Maslo: Unsere Partner in den Kommunen, in der Abfallwirtschaft, in der Industrie schätzen uns als Vorreiter für nachhaltiges Unternehmertum. Glasrecycling ist von seinem Start 1977 an Team-Work und gelingt in Österreich deshalb so erfolgreich, weil alle Stakeholder trotz teilweise divergierender unternehmerischer Interessen ein Ziel eint: Glasverpackungen in einem möglichst hohen Ausmaß zu ökologischen Bedingungen und betriebswirtschaftlich sinnvoll zu recyceln. Seit vielen Jahren organisieren wir Stakeholder-Veranstaltungen, die die gemeinschaftliche Weiterentwicklung des österreichischen Glasrecyclingsystems zum Ziel hat. Unsere Initiative, die Nachhaltigkeitsagenda des österreichischen Glasrecyclingsystems an den SDGs zu orientieren, wurde von den Partnerunternehmen begrüßt und unterstützt. In intensiven Arbeitsrunden trugen sie ihr Expertise, ihre Vorstellungen bei. Dafür bedanken wir uns sehr.
BUSINESSART: Was wird die Umsetzung der SDGs bewirken?
Piber-Maslo: Wir sind überzeugt, dass die SDGs große Wirkmacht entfalten werden und das globale Wirtschaftssystem einem Wandel in Richtung Nachhaltigkeit unterzogen wird. Wir erwarten uns, dass wir in Österreich, das sich als Umweltmusterland sieht und in vielerlei Hinsicht international Vorbild ist, auf große Bereitschaft stoßen, die Recyclingwirtschaft zur SDG-Vorreiterwirtschaft zu transformieren.
Strigl: Aus den 17 Überzielen der UN-Agenda 2030 haben wir – mithilfe der umfassenden Einbindung aller Stakeholder – sechs wesentliche Ziele ausgewählt, die von bedeutender Relevanz für das Tun der Austria Glas Recycling und der gesamten Branche sind.
Diese sechs Ziele sind: Hochwertige Bildung (SDG 4), Innovation und Infrastruktur (SDG 9), Nachhaltige Städte und Gemeinden (SDG 11), Verantwortungsvolle/r Konsum und Produktion (SDG 12), Maßnahmen zum Klimaschutz (SDG 13) und Partnerschafen zur Erreichung der Ziele (SDG 17). Durch die Austria Glas Agenda 2030 hat sich die österreichische Glas Recycling-Branche eine programmatische Ausrichtung und ein Handlungsprogramm mit übergeordneten Zielen gegeben, das nicht nur eine Ausrichtung auf das Jahr 2030 erlaubt, sondern auch im kohärenten „Herzschlag“ steht mit den Entwicklung, die unser Planet dringend braucht. Eine solche Agenda gibt Kraft, Mut und Motivation. Sie koordiniert nicht nur die Tätigkeiten und Handlungen innerhalb der Branche, sondern legitimiert diese auch gegenüber der Außenwelt, Stichwort: „licence to operate“.
Was werden Ihre nächsten Schritte sein?
Piber-Maslo: Die Festlegung auf 6 wesentliche Ziele bedeutet eine Konkretisierung unserer Nachhaltigkeitsagenda. Austria Glas Recycling wird in den kommenden Monaten an der Weiterentwicklung der Maßnahmen arbeiten. Dank der gemeinsamen Festlegung auf die wesentlichen Ziele gehen wir davon aus, innerhalb der Recyclingwirtschaft eine breite Basis zu gewinnen für gemeinsame Umsetzung, Wissens- und Erfahrungsaustausch und die Möglichkeit, noch zielgerichteter daran zu arbeiten, unser Kerngeschäft Glasrecycling umweltfreundlich und verantwortungsvoll zu gestalten. Das nächste Stakeholder-Forum des Glasrecyclingsystems findet voraussichtlich im Frühjahr 2018 statt. Das gemeinsame Weiterarbeiten an der Austria Glas Agenda 2030 wird im Mittelpunkt stehen.
Was hat Sie am Weg überrascht?
Strigl: Wir waren anfangs über den Kenntnisstand, oder besser gesagt Unkenntnisstand der Stakeholder zu den SDGs überrascht. In der online-Befragung haben in den unterschiedlichen Stakeholdergruppen – vor allem in der Wirtschaft – bis zu 90% der Befragten angegeben, noch nie etwas von den Globalen Entwicklungszielen der UNO gehört zu haben. Von den WissenschafterInnen und ExpertInnen haben knapp 70% angegeben, die SDGs zu kennen. Damit war für uns ein Auftrag klar: Es geht im Ersten einmal ums grundsätzliche Bekanntmachen, dass es diese Weltagenda überhaupt gibt. Lustige Geschichten kamen vor allem in den Sustainability Future Councils zu Tage. Zum Beispiel als es um die kreative Erarbeitung von Zukunftsbildern ging. Der autonom fahrende Glascontainer, der sich selbst entlädt und mit den NutzerInnen sogar sprechen kann, wird wohl auch im Jahr 2030 noch Zukunftsmusik bleiben.
Worauf sind Sie stolz?
Harald Hauke, Geschäftsführer Austria Glas Recycling: Austria Glas Recycling ist seit über 15 Jahren der europäischen Umweltmanagementnorm EMAS verpflichtet, seit 2015 sind wir als eines der ersten Unternehmen in Österreich nach der CSR-Norm ONR 192500 zertifiziert. Die Weiterentwicklung des Mehrwertes von Glasrecycling für Wirtschaft und Gesellschaft ist damit strategisch integriert. Das macht uns zum idealen Partner für die betriebliche und volkswirtschaftliche Nachhaltigkeitsagenda.
Foto: Wolfgang Fürst