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Künstliche Intelligenz im Unternehmen

Wo sie nützt und wo sie schadet.

„Den Damen taugt das total“, sagt Thomas Göttinger. Der Geschäftsführer der Dessertmanufaktur in Groß Siegharts meint mit den „Damen“ die vier Bürokauffrauen, die in seinem Unternehmen mit insgesamt 40 Beschäftigten arbeiten. „Das“ ist die von Künstlicher Intelligenz unterstützte Automatisierung des Einbuchens von Bestellungen und Rechnungen.  „Das“ ist das neuerdings ebenfalls KI-unterstützte Erfassen der gelieferten Produkte, wie der Zutaten für Schokoladenmousse, Spekulatius-Tiramisu und Co sowie der Warenausgänge, also der Lieferungen an Hotels und Restaurants. Bei jeder Rechnung braucht es etwa gezählte sieben Schritte bis diese ins System eingebucht ist. Der Chef ist begeistert: „Wir ersparen uns dabei 17.000 Arbeitsschritte pro Jahr – 17.000!“

Wie Göttinger setzen zunehmend mehr Unternehmen auf Künstliche Intelligenz als Unterstützung bei ihrer Produktion und ihren Dienstleistungen, genauso wie zur effizienteren Organisation und Analyse. Damit stellen sich einige Fragen: Führt Künstliche Intelligenz zu mehr Nachhaltigkeit im Betrieb? Oder unterwandert sie bisherige Bemühungen? Und wie ist es um die Nachhaltigkeit von KI selbst bestellt?

Wie Künstliche Intelligenz für mehr soziale Nachhaltigkeit sorgt

Damit die KI-gestützten Automatisierungslösungen bei Göttinger tatsächlich Arbeitserleichterungen für die Mitarbeiter*innen bringen, wollte eine der Bürokauffrauen eine extra Feedbackschleife im System haben. Eine Excel-Liste zeigt ihr nun, ob die erfassten Daten von den Lieferscheinen zu den Lieferungen passen. Zeigt sie eine Null, also keine Abweichung, entspricht der Wareneingang den Bestellungen. Zur Kontrolle des neuen Werkzeugs lief die Arbeit einige Wochen „simultan“, erzählt Göttinger. Und: „Die KI hat noch nie einen Fehler gemacht. Das ist für jeden, der nicht im IT-Bereich arbeitet, ein Mysterium.“

Bei beispielsweise 600.000 Eiern und 90.000 Litern Schlagobers – „in Bioqualität“, erzählt Göttinger stolz, wie überhaupt 75 Prozent aller Zutaten – sei das eine enorme Arbeitserleichterung. Die vier Mitarbeiterinnen haben nun trotz KI nicht zu wenig zu tun: „Die sind durch unseren Verkaufsleiter und mich eh schon zu sehr mit Arbeit eingedeckt gewesen.“ Das Unternehmen wächst – da ist es gut, Beschäftigte von monotonen Aufgaben wie etwa dem Datenvergleichen zu entlasten.

Das „Mysterium“ Göttingers, also die Automatisierung der KI, gibt es zum Beispiel von ProcessOne, einem Start-up in Schwertberg, das Evelyn Oberleitner gemeinsam mit Lukas Kragl im April 2024 gegründet hat. Angeboten wird entweder eine vorgefertigte Kombination von robotergestützter Prozessautomatisierung – kurz RPA – und Künstlicher Intelligenz oder aber individuell abgestimmte KI-unterstützte Prozesslösungen. Virtuelle Software-Roboter übernehmen bei beidem zeitraubende, bislang manuell ausgeführte, sich immer wieder wiederholende Tätigkeiten. Solche sind häufig im Backoffice, in der Finanzbuchhaltung, im Personalwesen, im Kundendienst und in der Logistik zu finden.

Entlastung von sich ständig wiederholender Arbeit

KI-unterstützte Systeme lohnen sich „überall dort, wo Unternehmen mit vielen Formularen, Daten und gleichbleibenden Abläufen arbeiten“, erklärt Oberleitner. KI erstellt aus den Daten einer Bestellung per Mail – wie Stückzahl, Artikel und Signatur – eine Rechnung. „Dabei ist es egal, ob ein Artikel in einem Mail oben, im anderen aber unten steht.“ Aus Daten eines Vertrages lassen sich Folgeverträge vorfertigen. KI kann Dokumente ablegen, sortieren und analysieren, logische Schlüsse daraus ziehen und weitere Aktionen veranlassen. Sie kann wiederkehrende, harmlose Kundenanliegen von Beschwerden unterscheiden. Die einen erhalten eine standardisierte Antwort auf ihre Frage, die heiklen werden an Mitarbeiter*innen weitergeleitet.

Beim Melkmaschinenvertrieb Lely mit rund 100 Mitarbeiter*innen werden die Import- und Exportdaten mit KI vollautomatisiert an die Statistik Austria gemeldet: „Da war eine Mitarbeiterin jedes Mal vier Tage damit beschäftigt. Sie hat nun Zeit, um sich um Wichtigeres zu kümmern“, sagt Andreas Feichtlbauer, Geschäftsführer des Lely Centers Enns.

Im Service automatisiert die KI einen Teil der Kommunikation mit Kund*innen. „Wir stehen unseren Kunden 24/7 das ganze Jahr bei Fehlermeldungen zur Verfügung“, sagt Feichtlbauer.  Früher gab es eine Telefonhotline. Schwieriges musste vor Ort behoben werden. Seit eineinhalb Jahre löse eine KI-gestützte Service-Management-Software 70 Prozent der „immer wieder selben Fragen“ vorab. Die Kund*innen werden per Chatbot Schritt für Schritt bei der Problemlösung angeleitet. Klappt das nicht, ist wieder die Hotline gefragt: „Wenn ein ‚echter‘ Servicetechniker eingreifen muss, sieht er schon, was der Chatbot empfohlen, aber nicht funktioniert hat. Das hilft bei der Lösung des Problems“, erklärt der Geschäftsführer. Service vor Ort in den landwirtschaftlichen Betrieben brauche es fast nur mehr bei Problemen mit der Hardware: „Das hilft auch, CO2 mit weniger Fahrten zu Serviceeinsätzen zu reduzieren.“ Die Lely-Melkmaschinen sollen laut Homepage mittels verbesserter Zitzenerkennung zum Tierwohl beitragen. Für die Reinigung sollen keine Chemikalien notwendig sein. Effizienz wird allerdings mehr als Nachhaltigkeit betont.

Oberleitner spricht von zumindest 98 Prozent Genauigkeit bei den KI-unterstützten Prozessen, bei klassischer Automatisierung sind es oft nur 70 Prozent. Der Unterschied: „KI kann nicht nur Regeln folgen, sondern auch interpretieren und Emotionen erkennen.“ Sie ist davon überzeugt, dass sie die Qualität der menschlichen Arbeit verbessern kann, und „sie entlastet von starren, standardisierten Prozessen“. Für die Mitarbeiter*innen bleibt der spannende Teil der Arbeit übrig, die „Cherry on Top quasi“.

KI kann viele Cherries liefern oder auch zermatschen

Göttinger reduziert auch den CO2-Ausstoß in der Produktion, kompensiert jenen für Verpackungsmaterial, setzt auf erneuerbare Energien und Recycling. Desserts mit Schönheitsfehlern wandern nicht in den Müll, sondern zu Too Good To Go, einer App, über die solche Lebensmittel zu geringeren Preisen an Konsument*innen weitervertrieben werden.

Das Minimieren von Produktionsabfällen nennt das deutsche Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) als Anwendungsfeld für Nachhaltigkeit durch Künstliche Intelligenz. KI-Überwachung und -Steuerung können für einen effizienteren Energie- und Ressourcenverbrauch in der Produktion sorgen. In der Logistik können Routen optimiert oder Lagerbestände besser vorhergesagt werden, um Treibstoff und Abfälle zu vermeiden. Generative KI kann für langlebigeres Design, Materialinnovationen und längere Lebenszyklen sorgen, indem Unternehmen Pläne vorab analysieren. Das sind Felder, die zum 25 Mitarbeiter*innen großen Familienunternehmens Lang+Lang in Leonding passen könnten: Geschäftsführerin Denise Lang verbessert in der Produktion von Interior Design bereits ihren ökologischen Handabdruck mit erneuerbarer Energie, ökozertifizierten Stoffen und länger haltbaren Produkten. KI kommt dabei noch nicht zum Einsatz.

Anders bei der Rechnungslegung, diese wird bei Lang+Lang künftig von KI unterstützt. Mit weniger Bürokratie will die Geschäftsführerin die „unglaublich schwierige Personalsuche“ vereinfachen. Eine Mitarbeiterin – ein „Genie“, weil sie enorm viel Arbeit gut erledigt – geht in einigen Jahren in Pension. „Mit weniger bürokratischer Arbeit wird der Arbeitsplatz für die Jugend attraktiver.“ Das bestätigt auch das ifaa, das auch einen Überblick über Vor- und Nachteile von KI bietet (siehe weiterführende Links).

Geschäftsführungen könnten aber auch mehr Leistung verlangen und die Arbeit wieder verdichten. Zielgerichtetes Recycling steht als Möglichkeit umweltschädlicher Optimierung gegenüber. KI kann zu mehr Zuverlässigkeit der Systeme führen, aber auch zu Abhängigkeiten von großen KI-Konzernen.

Es kommt darauf an, wie man KI im Unternehmen einsetzt

Manche Geschäftsführung kündigt Mitarbeiter*innen, sobald KI die Arbeit beschleunigt oder reduziert. Oberleitner sagt, dass 80 Prozent – vor allem KMU – Mitarbeiter*innen entlasten und der Volkskrankheit Burn-out vorbeugen wollen. Bei 20 Prozent – eher größeren Konzernen – geht es um Einsparungen. Egal ob Gewinnmaximierung oder wirtschaftlicher Druck der Grund dafür sind, das Ergebnis ist das gleiche: eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Eine Umfrage des Beratungsunternehmen Boston Consulting Group vom Sommer 2024 zeigt, dass 42 Prozent Angst davor haben, durch KI ihre Arbeit zu verlieren.

Nicht in allen Unternehmen soll KI das neunte Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen verbessern und Innovation „Arbeitsplätze und Einkommen schaffen“ wie auch „dynamische und wettbewerbsfähige Wirtschaftskräfte freisetzen“ anstelle der Beschäftigten. Es könnte auch zu ungewollten Überraschungen kommen. Das lässt sich mit einem Durchspielen der konkreten Auswirkungen der KI auf den eigenen Betrieb verhindern.

Es kommt auf das Wie an, also wie man Künstliche Intelligenz ins Unternehmen holt, ist sich Ana Simic, Gründerin von Propeller AI Consulting, sicher. Es geht um den Mehrwert für das Unternehmen und wann dieser sichtbar wird: „Erspare ich mir nur eine Google-Suche oder kann ich eine andere Software gänzlich ersetzen?“ Der Mehrwert ist größer, wenn alle und nicht nur die Führungskräfte in den Prozess eingebunden sind. Simic rät außerdem, es systematisch anzugehen: „Das ist besser, als überall ein bisserl KI auszuprobieren.“ Unternehmen sollten nicht entweder auf technologischen Fortschritt oder Mitarbeiter*innen mit guter Ausbildung setzen – sondern besser mit beidem überzeugen. Jene, die von den positiven Erfahrungen der Kund*innen profitieren, sollten das nicht mit schlecht eingesetzter KI unterwandern: „Wenn ich mein Service verschlechtere oder ein paar Menschen im Unternehmen abbaue, habe ich nichts gewonnen. Aber wenn ich mit Hilfe der KI Zeit gewinne und für die Kund*innen noch eine Extrameile gehen kann, macht das Sinn.“

Kompetenz sorgt für einen nachhaltigeren Einsatz von KI

Manche Branchen boomen wegen der Digitalisierung und KI. Bis 2030 gibt es für Expert*innen für Big Data, Künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen mehr Arbeit, prognostiziert ein Bericht des Weltwirtschaftsforums (WEF) vom Jänner 2025. Im physischen Postamt, hinter Bankschaltern oder mit der Dateneingabe werden dagegen immer weniger Menschen beschäftigt sein. Mit einem Plus von 170 Millionen Jobs und einem Minus von 92 Millionen soll das Angebot an Jobs bis 2030 weltweit sogar wachsen. Der wichtigste Grund dafür ist die Digitalisierung, gefolgt von der Alterung der Bevölkerung und Maßnahmen, die wegen der Klimakrise notwendig sind. Künstliche Intelligenz im Speziellen sorgt zwar für das Wachstum mancher Branchen, das wird aber durch weniger Wertschöpfung in anderen wieder aufgefressen. Die Automatisierung betrifft zwar alle Branchen – die Gesundheitsversorgung verändert sich aber deutlich weniger als Finanzservices, da wandern viel mehr Tätigkeiten weg von Menschen hin zu Maschinen. „Je individueller die Arbeit, je unterschiedlicher die Entscheidungen sind, je mehr Bauchgefühl eine Rolle spielt, desto weniger nützt Künstliche Intelligenz einem Unternehmen“, sagt Oberleitner außerdem.

Im Jahr 2030 werden ein Verständnis für KI und Big Data, Netzwerke und Cybersicherheit, technologische Kompetenz, aber auch kreatives Denken, Belastbarkeit, Flexibilität und Agilität gefragter sein als heute. Unternehmen, deren Kerngeschäft sich aus diesen Fähigkeiten speist, gewinnen demnach an Bedeutung. Fehlende Kompetenzen sind dagegen der größte Hemmschuh, wenn Betriebe auf Veränderungen der Wirtschaft reagieren wollen.

Mitarbeiter*innen sollen KI nicht nur anwenden können, sondern auch ein Bewusstsein für deren Auswirkungen auf Klima und Umwelt entwickeln. Alice Schmidt, die mit ihrem Consulting-Unternehmen die Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstützt,  bezeichnet das als „AI Literacy“: Es geht also darum, nicht nur effektiv mit der KI zu kommunizieren oder zusammenzuarbeiten, sondern sie auch kritisch zu hinterfragen. Denn: „Digitalisierung und KI alleine machen Unternehmen noch nicht nachhaltiger."

Gender-Gap, Biases und falsche Antworten

Oberleitner weist auf die Voreingenommenheit von generativer KI hin: „Wenn ich nach einem Bild von einem CEO frage, kommt oft ein alter weißer Dude, also ein Kerl, heraus.“ Denn KI spiegelt das wider, was im Internet am häufigsten zu finden ist. Beim Training mit deutscher Sprache lernt sie wegen des generischen Maskulinums, das angeblich neutral für alle Geschlechter verwendet wird, dass Politiker, Sportler etc. männlich sind. Es gibt einen Gender-Gap in der IT, wo deutlich mehr Männer als Frauen arbeiten. Weil Feministen noch rarer als Feministinnen sind, werden Gender-Biases selten bewusst ausgeglichen. Auch Menschen anderer Hautfarbe, LGBTQIA+, Menschen mit Behinderung oder Ältere kommen in KI-Antworten oder -Bildern seltener vor, wenn man nicht bewusst nach diesen fragt.

KI halluziniert, erfindet also manchmal falsche Antworten oder verwendet überholte Fakten. Wenn falsche Schlüsse aus Statistiken im Netz mehr verbreitet sind als wissenschaftlich fundierte Fakten, „glaubt“ die KI, dass Pseudo-Wissenschaftliches richtig ist. Ist man sich all dem bewusst, können Betriebe gegensteuern – indem sie die KI-Antworten immer gegenchecken und mit glaubwürdigen Quellen vergleichen, oder in den KI-Leitlinien und -Schulungen auf mögliche Verzerrungen aufmerksam machen.

KI frisst seltene Erden, Böden, Wasser und Energie

„Alle Automatisierungsprozesse haben negative externe Effekte, jene mit generativer KI wahrscheinlich mehr als andere“, sagt Robert Braun, Wissenschaftler am Institut für Höhere Studien. Er warnt vor einem „blinden“ Vorantreiben. Der vermeintlichen Effizienz steht der hohe Energieverbrauch entgegen. Auch das Speichern von „dunklen Daten“, die zwar gesammelt, aber nicht genutzt werden, verbraucht Ressourcen. Beim Herstellen der für die KI notwendigen Halbleiter verbrauchen Chip-Produzenten wie Nvidia, ASML, Broadcom & Co laufend mehr seltene Erden.

Ivona Brandić, Informatik-Professorin an der TU Wien, weist auf die Kühlung von Rechenzentren hin: „Sie werden neben Gewässern gebaut und versiegeln Böden.“ In Irland, wo es besonders viele gibt, dürfte in absehbarerer Zeit ein Drittel der Energie im Land nur für diese benötigt werden. Für etwas Abhilfe könnten Quantencomputer sorgen, die Brandić beforscht. Sie sollen bei Zimmertemperatur funktionieren, deshalb kein Wasser für die Kühlung und keine umfangreiche Energieinfrastruktur benötigen. Sie weisen eine höhere Rechenleistung auf, das spart Zeit und Ressourcen. Bis solche Computer aber nicht nur im Einzelfall eingesetzt werden, dauert es noch.

Der Wettbewerb sorgt für einen geringeren Energieverbrauch – oder ein AKW-Revival

Auch das globale Wirtschaftssystem könnte zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Und zwar indem Konkurrenz aus China westliche Konzerne zu mehr Effizienz und damit weniger Energieverbrauch ihrer KI „zwingt“. Die Einführung der DeepSeek-KI des gleichnamigen chinesischen Start-ups sorgte am 27. Jänner 2025 für einen enormen Kursverluste von High-Tech-Konzernen: Nvidia verbuchte an der US-Computerbörse NASDAQ einen Wertverlust von 17 Prozent. Das entspricht beim vormals mit 3,6 Billionen US-Dollar wertvollsten Unternehmen der Welt fast 600 Milliarden Dollar.

Was aber macht DeepSeek effizienter als andere KI? Marc Latoschik, Experte für die Mensch-Computer-Interaktion an der Uni Würzburg, erklärt im Ö1-Interview, dass diese KI nicht wahllos Daten sammelt, was für weniger Datenmüll sorgt. Daten werden komprimiert und nach Themen gespeichert. Sie sind möglicherweise zum Teil von ChatGPT „geklaut“, was weniger Training nötig machte und damit zu weniger Energieverbrauch führte. DeepSeek verwendet weniger Parameter für Antworten, die Ergebnisse sind so zwar ungenauer, vermutlich aber unmerklich für Menschen. DeepSeek spuckt klarerweise nichts Kritisches zu China aus und eingegebene Daten wandern auf chinesische Server.

Die Tech-Riesen reduzieren ihren Energieverbrauch für KI im Moment aber nicht, sie setzen vielmehr auf Kernenergie. Amazon hat laut dem Wirtschaftsmagazin Capital ein Rechenzentrum auf dem Gelände eines Atomkraftwerks gekauft. Microsoft und die Constellation Energy Company vereinbarten laut Medienberichten das 2019 stillgelegte Atomkraftwerk Three Mile Island in Pennsylvania bis spätestens 2028 wieder in Betrieb zu nehmen. Zur Erinnerung: 1979 gab es da einen schweren Reaktorunfall und in der Folge einen Anstieg bei Krebserkrankungen.

Start-ups als Schlüssel für zukunftsträchtigen KI-Einsatz

In KI-Start-ups in den USA wird zehnmal so viel investiert wie in europäische. Glaubt man Schmidt, wird der AI Act aber keinen dauerhaften, sondern nur einen kurzfristigen Wettbewerbsnachteil in Europa bedeuten. „Mittelfristig gibt es einen starken Nettonutzen der Regulierung“, sagt Schmidt. Das Zügeln der großen KI-Modelle ermöglicht es Start-ups in Europa, an ihren KI-Lösungen für mehr Nachhaltigkeit zu arbeiten – im Sinne von Menschen, Umwelt und Gesellschaft. Mit Tests kann man die Auswirkungen von Regulierungen vorab prüfen, „ohne dass man gleich die Konsequenzen tragen muss“, versucht Schmidt skeptischen Gründer*innen die Sorge vor dem AI Act zu nehmen.

Viele Start-ups haben sich von Regulierungen nicht abschrecken lassen und KI-Lösungen enwickelt, die zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Eines davon ist Nista, das Anna Pölzl gemeinsam mit Benjamin Mörzinger als TU Wien-Spin-off gegründet hat. Mit einer KI-unterstützen Automatisierungssoftware, dem AI Energy Co-Pilot, können Unternehmen laut Pölzl rund 20 Prozent ihrer Energiekosten und der CO2-Emissionen einsparen. Denn: Viele Industrieunternehmen sammeln über Sensoren an jeder Maschine, jedem Brennofen, bei der Beleuchtung etc. Daten zum Energiebedarf, verwenden sie aber nicht. Die KI kombiniert den Energieverbrauch mit den ständig schwankenden Weltmarkt-Preisen. Und Mitarbeiter*innen können damit ihren Stromverbrauch bewusst regulieren, denn: „Bei manchen Maschinen ist es egal, ob sie mittags oder früh morgens laufen.“ Morgens ist der Strom wegen des hohen Verbrauchs meistens teuer. Um die Mittagszeit ist er günstiger, weil etwa Solaranlangen bei mehr Sonne mehr Energie produzieren, nachts ebenfalls, da dann weniger verbraucht wird als am späten Nachmittag und Abend. Die Analysen können auch die Grundlage für Energieberichte oder Umweltzertifizierungen sein. 

Die Software lohnt sich auch für KMU wie Hengl Steinbruch oder Tiroler Rohre. Der AI Energy Co-Pilot könnte auch für eine gleichmäßigere Belastung von Stromnetzen sorgen oder die schwankende Produktion von erneuerbarer Energie ausgleichen. Wenn die Industrie zum Beispiel Überschüsse aus Windkraftanlagen verbraucht, müssen diese nicht mehr abgeschaltet werden. „Produktionsprozesse können gute Speicher sein“, sagt Pölzl.

Nista ist nicht das einzige Start-up, das den Energiesektor mittels Künstlicher Intelligenz nachhaltiger machen soll: Die Wiener Wohnio GmbH will beispielsweise mit KI Heizungen digitalisieren und dekarbonisieren. Mieter*innen können damit Heizkosten sparen, Eigentümer*innen den Wert ihrer Immobilie steigern. KI steckt auch in den Entwicklungen von Enixi aus Klagenfurt, der Nobile Group aus Wien oder von Neoom aus Freistadt.

Weniger Energie zu verbrauchen ist aber nur in einem von acht Unternehmen der Grund, KI-Lösungen zu planen. CO2 zu reduzieren spielt sogar nur bei einem von 20 eine Rolle. In jedem vierten Unternehmen sind es dagegen weniger Kosten durch KI. Das ist in einer Studie des deutschen KI-Fortschrittszentrum des Fraunhofer Instituts nachzulesen.

Der Beitrag der KI-Bildung

Der AI Act verpflichtet Betriebe, die KI verwenden, ihre Mitarbeiter*innen weiterzubilden. Laut Brandić braucht es aber mehr: Die künftigen Entscheidungsträger*innen, also die heutigen Schüler*innen und Studierenden, müssen die Logik von KI-Modellen und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft verstehen. Kindern könnte zum Beispiel altersgerecht vermittelt werden, wie viele Schritte und Energie eine KI braucht, um einen Hund von einer Katze zu unterscheiden. Mit solchem Wissen könnte KI zu technologischer Innovation und einer nachhaltigen Gesellschaft führen. Angesichts der aktuellen Entscheidungsträger*innen – Donald Trump und Mark Zuckerberg lassen grüßen – dürfte eine solche Welt in ferner Zukunft liegen.

Martina Madner

Weiterführende Links

Zahlen, Daten und Fakten über Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit, inklusive einer Übersicht über Vor- und Nachteile und Einsatzgebiete im Bereich Nachhaltigkeit in Betrieben vom ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V.

World Economic Forum: Future of Jobs Report 2025

Mit Künstlicher Intelligenz zu mehr Nachhaltigkeit. Studie des KI-Fortschrittszentrums des Fraunhofer-Instituts