Ein Stückchen Glück
Liebe Leserin, lieber Leser!
Ab und zu werden wir unsere zweijährige Enkeltochter in diesem Sommer bei unseren Fahrradausflügen mitnehmen. Natürlich in ihrem Cabrio (= Fahrradanhänger), in dem sie normalerweise mit ihren Eltern unterwegs ist. Allerdings fehlte zum Stückchen Glück noch etwas: eine Anhängerkupplung für unser Fahrrad.
Die Kosten für dieses simple, massive, etwa 8 cm lange Teil aus Metall: normalerweise 20 Euro. Mitte Mai 2021 stellte sich die Besorgung als unerwartet schwierig heraus: Die Kupplung war beim Händler ausverkauft oder wurde bei diversen Subhändlern mit mindestens 100 Prozent Preisaufschlag angeboten.
Der Engpass an Rohstoffen zieht sich durch viele Branchen – er bremst den dringend ersehnten Aufschwung der Wirtschaft und führt teilweise zu aberwitzigen Preissteigerungen. Besonders betroffen sind die Baubranche und die Sachgütererzeugung. Verrückt, wie rasch Angebot und Preise schwanken: Letztes Jahr war der Holzpreis aufgrund des vielen Schadholzes im Keller, heute ist Bauholz kaum mehr zu bekommen. Vieles davon mag den unterbrochenen Wertschöpfungsketten, den Konjunkturpaketen, dem Bauboom in den USA und in China geschuldet sein und sich wieder einpendeln. Der Trend zum Engpass aber wird bleiben, weil unsere Ressourcen endlich sind.
Die Lösung ist so einfach wie komplex: eine Welt ohne Abfall
Recycling greift da deutlich zu kurz. Es braucht Repair, Reuse, Refurbish. Einfach auf den Punkt gebracht: Produkte, die lange in Gebrauch sind, und Kreislaufwirtschaft. Das war auch die Lösung für unsere Suche nach der Fahrradkupplung: Wir haben sie über eine Sharing-Plattform gefunden – zum Preis von 20 Euro übrigens.
Erfreulicherweise gibt es bereits viele Unternehmen, die auf einen sorgsamen Umgang mit Ressourcen achten und innovativ vorangehen. Aber in der Mehrheit sind sie definitiv nicht. Dafür braucht es entsprechende Rahmenbedingungen, also Gesetze. Seitens der EU liegen einige Richtlinien vor. Eine gute Umsetzung kann die Nachhaltigkeit von Unternehmen deutlich steigern und sie auch langfristig wettbewerbsfähig machen. Diese Chance sollten alle nutzen – für eine gute Zukunft für uns alle, und um ein Stückchen Glück mit der Enkeltochter erleben zu können.
Herzliche Grüße
Roswitha M. Reisinger
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