Regenerieren steht am Management-Dashboard
GUIDED BY THE FUTURE | Regenerativ & Fair
Christian Felber, Gemeinwohlökonom
Seit 2022 sind sechs der neun „planetaren ökologischen Grenzen“ überschritten. Das Konzept wurde von einem breiten Konsortium von Naturwissenschaftler*innen rund um das Stockholm Resilience Center entwickelt, 2009 erstmals in Nature vorgestellt und seither laufend aktualisiert. Die sechs überschrittenen Grenzen sind: der Verlust von Artenvielfalt, Klimawandel, Stickstoff- und Phosphorkreislauf, Entwaldung, Erschöpfung von Süßwasserreserven (Trinkwasser und Bodenfeuchtigkeit) sowie der Eintrag naturfremder Stoffe (Chemikalien, Schwermetalle, Mikroplastik) in natürliche Systeme. Das Überschreiten einer ökologischen Grenze bedeutet, dass die Sicherheit der menschlichen Zivilisation in Bezug auf diesen Aspekt nicht mehr gegeben ist. Jederzeit können Klimaveränderungen auftreten, neue Pandemien ausbrechen, die Trinkwasserversorgung knapp werden, fruchtbarer Boden verloren gehen oder funktional essenzielle Arten.
Regenerieren ist die neue Maxime
Die Priorisierung strenger Nachhaltigkeit mit dem Mindestkriterium „keinen Schaden anrichten“, besser aber „regenerieren“ (wiederherstellen) sollte zur Maxime wirtschaftlicher Tätigkeiten werden. Dafür ist es nötig, entsprechende Zielkennzahlen in die Steuerung der Volkswirtschaft einfließen zu lassen und zu messen. Das Gemeinwohl würde nur noch wachsen, wenn die Artenvielfalt wieder zunimmt, die CO2-Konzentration zurückgeht, die Trinkwasserqualität sich verbessert oder die Bodenfruchtbarkeit sich erhöht. Wirtschaftlicher Erfolg würde in der neuen Form bedeuten, dass das Ziel – die Befriedigung der Grundbedürfnisse aller Menschen – erreicht wird, ohne die sozialen und ökologischen Grundlagen des Wirtschaftens zu verschlechtern.
Management-Dashboard der Zukunft
Auch Unternehmen können ihren strategischen Fokus von der Erreichung finanzieller Ziele auf einen nachvollziehbaren Beitrag zum Gemeinwohl schwenken. Auf den Management-Dashboards der Zukunft werden Qualitäten wie Artenvielfalt, Weltklima, Boden- und Wasserqualität oder sozialer Zusammenhalt, Vertrauen, Verteilungsgerechtigkeit und Demokratie aufscheinen. So wie Unternehmen in den letzten Jahrzehnten gelernt haben, finanzielle Kennzahlen zu steuern, monitoren und messen sie in Zukunft auch ökologische, soziale und ethische Ziele. Das Ergebnis dieser Gemeinwohl-Bilanz scheint nicht nur in Jahresberichten auf, sondern auf Websites, Produkten und in Verkaufsprospekten. Damit die nachhaltigen, verantwortungsvollen und klimafreundlichsten Unternehmen überleben können, zahlen sie weniger Steuern, sie erhalten Vorrang im öffentlichen Einkauf und in der Wirtschaftsförderung. Banken finanzieren nur noch nachhaltige Unternehmen und Börsen listen Unternehmen mit guten Gemeinwohl-Bilanzen. Die Gemeinwohl-Ökonomie nimmt nicht nur in den Fokus, was wirklich zählt, sie stellt den Ordnungs- und Anreizrahmen für das Wirtschaften entsprechend dieser Werte und Prioritäten um.